Laschet zu Besuch in Israel Kanzlerübung im Gelobten Land

Jerusalem · Auf seiner zweitägigen Reise macht NRW-Ministerpräsident Armin Laschet deutlich, was ihm Israel und die Sicherheit der Juden in Deutschland wert sind – und dass er Außenpolitik kann.

 NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (l.;CDU) im Gespräch mit dem israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (l.;CDU) im Gespräch mit dem israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin.

Foto: dpa/Ralph Sondermann

Auf dem Marmorboden des Hotels King David im Westen Jerusalems sind die internationalen Star- und Staatsgäste, die diese Gemächer genutzt haben, per Autogramm-Gravur eingelassen. Und so begegnet Konrad Adenauer am Sonntagmorgen seinem Großvater wieder und macht eifrig Fotos von der Bodenplatte mit der Unterschrift des ersten deutschen Bundeskanzlers. Dort, wo auch Donald Trump, Barack Obama oder Schauspielerin Liz Taylor und Kanzler wie Willy Brandt und Angela Merkel verewigt sind.

Armin Laschet, der den Enkel des ersten Kanzlers mit auf seine zweitägige Reise nach Israel genommen hat, fehlt hier noch, aber das ließe sich ja womöglich ändern. Vielleicht kommt er bei seinem nächsten Besuch in Israel schon als deutscher Kanzler, dann dürfte er auf seine eigene Bodenplatte hoffen in diesem Hotel, das die Familie Federmann 1957 kaufte und zum Luxushotel verwandelte, viele Jahre, nachdem sie vor den Nazis aus Chemnitz geflohen war. Es ist ein beabsichtigtes Zeichen des geschichtsbewussten NRW-Ministerpräsidenten, dass Laschet am ersten Tag im Hotel King David wohnt. Schon mit 20 war er das erste Mal in Jerusalem – auf Pilgerfahrt.

Dass die Israel-Reise einen Tag vor den Parlamentswahlen dort und inmitten des tosenden CDU-Machtkampfs angesetzt wurde, ist – wenn man den Spin-Doktoren aus der NRW-Staatskanzlei glauben darf – Zufall. Und doch entsteht der Eindruck, dass es dem Aachener gut gefällt, außenpolitisch Punkte zu machen, hier als Amtsträger in Begleitung seines Stellvertreters Joachim Stamp (FDP) und des Europaministers Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) auflaufen zu können, einen Kranz in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem niederzulegen, Menschen zusammenzuführen und nebenbei noch NRW zu einem Protagonisten deutsch-israelischer Zusammenarbeit zu machen. Friedrich Merz oder Norbert Röttgen können das nicht.

Hennes Weisweilers Witwe
Teil der Delegation

So kommen die besten Qualitäten Laschets zusammen: Zu Hause warten Corona und eine lauernde Meute, die jetzt Ideen hören und Umfragen präsentieren will. In Israel aber kann Laschet Geschichte machen oder zumindest an sie erinnern: Auf eigenes Betreiben hat er die Witwe des Fußball-Trainers Hennes Weisweiler mitgenommen. Eine ARD-Dokumentation hatte ihn begeistert, in der über das erste Spiel einer deutschen Mannschaft in Israel berichtet wurde: Es waren Weisweilers Gladbacher mit Netzer, Vogts und Laumen am 25. Februar 1970, vor 50 Jahren. Und weil Weisweiler seine Frau erst kurz zuvor kennengelernt hatte, sind die Erinnerungen von Gisela Weisweiler noch so lebendig, dass sie ihr bis heute etwas bedeuten.

Das Programm in Israel ist zum Bersten gefüllt, aber zugleich wird man dort als Deutscher auf besondere Art geerdet. Als die Reiseführerin Jana Marcus Natanov die Delegation durch die Kindergedenkstätte in Yad Vashem geführt hat und im Anschluss über die Wahlen in Israel und den beginnenden Wahlkampf in Deutschland spricht, sagt sie: „Bei Ihnen geht es um einige Jahre Amtszeit, bei uns hier in Israel oft um Leben und Tod.“

Dass sich diese Sicht zum Teil überholt hat, ist dann Gegenstand von Laschets Besuch beim israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin. Er schäme sich, sagt Laschet mit Blick auf die Anschläge in Halle und Hanau, dass das sicher geglaubte „Nie wieder“ nicht mehr gelte und wir „das in Deutschland 75 Jahre nach Auschwitz wieder erleben“. Und er erweitert das eingebrannte Merkel-Wort, dass die Sicherheit Israels zur deutschen Staatsräson gehöre: „Zur deutschen Staatsräson gehört auch, die Sicherheit von Juden in Deutschland zu garantieren.“ Er sei gekommen, um zu signalisieren, dass in Deutschland ein starker Staat Antisemitismus und Rassismus bekämpfe. Rivlin nickt anerkennend und bezeichnet Laschet als eine der „Hauptfiguren und wichtigsten Menschen seiner Partei mit einem interessanten Hintergrund“ – da nickt wiederum Laschet zufrieden und produziert weiter konzentriert ein kanzlerfähiges Bild nach dem anderen.

Etwa, als er mit Adenauer-Enkel Konrad und den Enkeln des israelischen Staatsgründers David Ben Gurion 60 Jahre nach dem freundschaftlichen Vorfahren-Treffen in dessen musealer Hausbibliothek in die bereiteten Sessel sinkt. Und hernach im Hof vor israelischer und NRW-Flagge einen Bogen schlagen muss von Halle und Hanau über umstrittene EU-Gelder für Palästina bis zur gerade erfolgten türkischen Grenzöffnung, angesichts derer er eine gesamteuropäische Reaktion empfiehlt. Laschet wird als Kandidat für den CDU-Vorsitz jetzt alles gefragt – und in seinen Antworten ist er zunehmend konzentrierter. Nur keine Fehler machen.

Erst am Abend fällt die Verantwortung von ihm ab, als in Tel Aviv inmitten eines Bürokomplexes das NRW-Büro zur Zusammenarbeit für Kultur, Wissenschaft und Kooperation von Start-ups in Begleitung des mitgebrachten Jugendjazzorchesters NRW eröffnet wird. Noch kommt das Büro etwas unglamourös daher, hat erst einen Mitarbeiter, aber das, versichert Laschet, werde „alles noch größer“. Ein Gedanke, der ihn in diesen Tagen ziemlich beständig begleitet.

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