Zugverkehr in NRW: Preis hoch, Leistung runter

Zwischen dem VRR und der Bahn eskaliert der Streit um Geld und Qualität: Verlierer sind die Kunden.

Essen. Bahnkunden werden die Finanzkrise des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) drastisch zu spüren bekommen. Der größte NRW-Nahverkehrsverband beschloss am Donnerstag, seine Leistungen ab Dezember um drei Prozent zu kürzen - jährlich sind das 850 000 Zugkilometer.

Betroffen sind vor allem Nachtexpress-Züge sowie Verbindungen am späten Abend und frühen Morgen. Anfang August steigen zudem die Preise um 3,9 Prozent. Immerhin: "Wir konnten es gerade noch vermeiden, ganze Strecken stillzulegen", sagt VRR-Aufsichtsrat Frank Heidenreich (CDU).

Doch allein über Preiserhöhungen kann der Verbund seine Finanzlücke nicht schließen. Gestern warf er deshalb seinem Vertragspartner den Fehdehandschuh hin. 45 Millionen Euro will der VRR jährlich weniger an die Bahn überweisen als vertraglich festgelegt, weil deren Leistung "nicht marktgerecht" sei.

"Wenn die Pünktlichkeit auf manchen Strecken bei unter 70 Prozent statt bei den vereinbarten mindestens 90 Prozent liegt, ist das nicht akzeptabel", betont VRR-Vorstand Martin Husman. "Die festgelegten Standards werden nicht eingehalten."

Dem VRR ist der Geduldsfaden gerissen. Endlich spricht ein Nahverkehrsverband klar aus, was Pendler täglich zur Verzweiflung treibt. Ja, der VRR hat Recht: Der Service der Bahn ist katastrophal. Fehlende Informationen, Verspätungen und Ausfälle, verschmutzte Wagen und heruntergekommene Bahnhöfe - das selbsternannte Unternehmen Zukunft hat in seinem Eifer, so schnell wie möglich an die Börse zu kommen, die Kunden auf dem Bahnsteig vergessen.

Doch der Traum vom freien Markt könnte für die Bahn zum Albtraum werden. Derzeit formiert sich eine private Konkurrenz, die nicht nur billiger arbeitet, sondern auch kundenorientierter denkt. Den Fahrgästen hilft das allerdings erst mittelfristig. Und bis dahin werden noch viele frustrierte Pendler aufs Auto umsteigen.

30-Millionen-Lücke Nachdem der Bund seine Zuschüsse für den Regionalverkehr drastisch gekürzt hat, ist der VRR in der Klemme: Zwischen den Forderungen der Bahn an den Verbund und den zur Verfügung stehenden staatlichen Mitteln klafft 2008 eine Lücke von 30 Millionen Euro. Steigende Energiekosten verschärfen die Situation. NRW springt, anders als verschiedene andere Bundesländer, nicht ein.

Der VRR Der Verbund zahlt der Bahn für ihre Dienstleistungen jährlich 334 Millionen Euro - das sind 45 Millionen zu viel, so ein VRR-Gutachten. Nun behält er diese Summe ein. Darüber hinaus setzt der VRR verstärkt auf Privatbahnen, die nach seiner Auffassung billiger und kundenfreundlicher sind. Er rechnet mit einem jahrelangen Rechtstreit.

RE 5 Ein Zugpaar zwischen Duisburg und Köln entfällt entweder am Abend oder am Morgen.

RE 11 Wegfall eines Zugpaares in der Nebenverkehrszeit zwischen Düsseldorf und Paderborn.

RB 38 Wegfall eines Zugpaares zwischen Grevenbroich und Neuss.

RB 48 Wegfall des Linienabschnittes Wuppertal Hauptbahnhof - Oberbarmen.

S 8 Der 20-Minuten-Takt der S 8 wird zwischen Wuppertal-Oberbarmen und Hagen auf zwei Fahrten pro Stunde ausgedünnt.

RE 1 Wegfall eines Zugpaares zwischen Hamm und Essen. Fahrgäste sollen auf die parallel verkehrende Linie RE 11 umsteigen.

Nacht-Netz Der Nachtverkehr wird ausgedünnt - betroffen sind von der Maßnahme die Linien RE 1, RB 42, RB 46 sowie die S-Bahnlinien 6, 9 und 28.

Gestrichene Kilometer Insgesamt fallen im Jahr 2008 rund 850 000 Zugkilometer weg.

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