Schwarzbuch Wie in NRW Steuergelder flöten gehen

Kölner Oper, Düsseldorfer Aquazoo oder besonders teure Mülleimer in Leverkusen: Das Schwarzbuch lässt einen bisweilen Haare raufend zurück.

Haben es ins Schwarzbuch gebracht: Der Aquazoo in Düsseldorf (o.l.), die Kölner Oper (o.r.), die Fachhochschule Bielefeld — und Mülleimer aus Leverkusen.

Haben es ins Schwarzbuch gebracht: Der Aquazoo in Düsseldorf (o.l.), die Kölner Oper (o.r.), die Fachhochschule Bielefeld — und Mülleimer aus Leverkusen.

Foto: Judith Michaelis/dpa (3)

Düsseldorf. Die Oper in Köln ist eine ewige Baustelle. Vor zehn Jahren hatte die Kölner Stadtverwaltung entschieden, die Oper zu sanieren und das angrenzende Schauspielhaus komplett neu zu bauen. 230 Millionen Euro waren für den Neubau veranschlagt, mittlerweile kostet die 2009 stattdessen beschlossene Sanierung der Bühnen am Offenbach-Platz 460 Millionen — Ende unabsehbar. Zumal die Interimsstätten, die auch 2018/19 herhalten müssen, Unsummen an Umbauten und Pacht verschlingen. Mittlerweile spricht die Stadt von 8300 Mängeln: Leitungen, von denen niemand weiß, wohin sie führen, Entlüftungsanlagen, die den Weg versperren, und Löcher neben einer Brandschutztür. Das rheinische Desaster erinnert doch sehr an das Milliardengrab am Berliner Flughafen, der wiederum - Stand jetzt — 6,6 Milliarden Euro teurer wird als geplant. Zum Vergleich: 6,4 Milliarden Euro hat die Bundesregierung 2015 in das deutschlandweite Autobahn- und Bundesstraßennetz investiert.

Aber bleiben wir doch bei einigen der 21 genannten Fälle aus Nordrhein-Westfalen in dem Donnerstag präsentierten „Schwarzbuch“ des Bundes der Steuerzahler: Was dem Kölner die Oper oder die rund 555 000 Euro Kosten für die Wahlzettel-Pannen der Oberbürgermeisterwahl oder der Kosten explodierende Rheinboulevard ist, ist dem Bielefelder seine Fachhochschule. Bei der sind die Baukosten von geplanten 161 auf nun knapp 280 Millionen Euro gestiegen — vorerst.

Dortmund baut eine Brücke im Rombergpark, wo doch allerhand andere Brücken in nähester Umgebung liegen. Doch greift die verschuldete Stadt Fördergelder ab und gibt als Argument Barrierefreiheit vor — andere Brücken deutlich kostengünstiger barrierefrei zu gestalten, fällt den Stadtoberen derweil nicht ein. So entsteht in einem sehr steilen Gebiet eine neue Brücke im Zickzack, 255 Meter lang — und 6,6 Millionen Euro teuer. Und Düsseldorf? Steckt immer mehr Geld in den noch immer nicht wiedereröffneten Aquazoo, dessen Umbau statt geplanter 13 Millionen mindestens 18 Millionen Euro kostet.

Den Steuerzahler regt so etwas mächtig auf. Ein Mal im Jahr bekommt der mit dem „Schwarzbuch“ Adrenalin-Potenzial an die Hand, hunderte Fälle von opulenter und bisweilen dämlicher Steuergeldverschwendung sind gelistet — und pointiert erzählt. „Im Zeitgeist könnte man das Schwarzbuch heute Black-Leaks nennen“, sagt Reiner Holznagel, Präsident des BdSt angesichts der Enthüllungen. Die manchen Haare raufend zurücklassen: So hat die Stadt Duisburg jüngst eine computergesteuerte Kameraschienenbahn im Sportpark Wedau verschrotten lassen, weil diese nur völlig unscharfe Ruder-Aufnahmen gemacht hat — „ein Haufen Schrott, der den Steuerzahler weit mehr als zwei Millionen Euro gekostet hat“, sagen Andrea Defeld und Bärbel Hildebrand vom BdSt NRW.

Leverkusen darf sich für sein Mülleimer-Modell „Toluca“ feiern, das in der Innenstadt für stolze 1258 Euro pro Stück 30-fach ein fröhliches Dasein fristet. Angeschafft wurde die edle Tonne ohne Alternativsuche und Ausschreibung im Herbst 2015 — weil es das Modell in einer Seitenstraße schon gab. Gesamtkosten: mehr als 54 000 Euro inklusive Demontage der alten Mülleimer.

Auch der Spielbankbetreiber WestSpiel steht auf dem Steuerzahler-Index. Als Tochter der landeseigenen NRW-Bank macht das Unternehmen seit Jahren Verluste — und auch Schlagzeilen, als man 2014 zwei Warhol-Werke verkaufte, um die Kassen zu füllen. Und um offenbar die Stimmung der Belegschaft zu verbessern: Mit 582 Mitarbeitern schipperte die Belegschaft kurz darauf am Totensonntag den Rhein entlang, es soll luxuriös und feucht zugegangen sein, der ganze Spaß hat 77 000 Euro verschlungen. Auch eine WestSpiel-Fahrt zur Messe nach Las Vegas mit 20 Personen wird kritisiert. Und mit einem geflügelten amerikanischen Wort eingeordnet: Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas. . .

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