Wahl zum SPD-Landeschef: Drehbuch für Machtspiel und Intrige
Die SPD-Fraktion im Landtag wählt am Dienstag einen neuen Vorsitzenden. Marc Herter und Thomas Kutschaty wollen es werden. Und viel Unmut ist nach einer elenden Posse dabei.
Düsseldorf. Bei der letzten namhaften Kampfabstimmung im NRW-Landtag haben Karl-Josef Laumann und Armin Laschet um den CDU-Fraktionsvorsitz in NRW gestritten. Seinerzeit in der Nachfolge des als Ministerpräsident abgewählten Jürgen Rüttgers. Mit 34 zu 32 gewann der robuste Westfale Laumann im Juli 2010 gegen Laschet. Das Ergebnis ist bekannt: Fast acht Jahre später ist Laschet Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Und Laumann sein Arbeitsminister.
Insofern müssten Marc Herter (43) und Thomas Kutschaty (49) Dienstagmorgen nach dem Aufwachen nicht zwingend darüber nachdenken, ob wenige Stunden später ihre Karriere beendet ist. Es ist — das hat die CDU gezeigt — auch nach verlorenen Kampfabstimmungen noch etwas möglich. Und manchmal ist am Ende der Verlierer der Gewinner. Die Politik schreibt bisweilen kuriose Geschichten. Und die SPD in NRW ohnehin.
Die Geschichte, die die hadernde Partei seit der verlorenen Landtagswahl im Mai 2017 erzählt, soll am Mittwoch nach fast einem Jahr beendet werden. Dann, wenn der Parlamentarische Geschäftsführer Marc Herter und der ehemalige Justizminister Thomas Kutschaty zur letzten Abstimmungsschlacht bitten. 69 Fraktionskollegen der SPD im Landtag wählen ihren Vorsitzenden, der Apparat, finanzielle Ausstattung und mindestens die Möglichkeit von Fraktionschef Norbert Römer erbt, 2022 Widersacher von Ministerpräsident Armin Laschet zu werden. Oder wird es dann einen ganz anderen Plan geben? Angeblich gilt vielen die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze als kommende Spitzenkandidatin in NRW.
Wer auch immer die Situation in der NRW dieser Tage beschreibt, der liefert ein erstaunliches Drehbuch für Machtspiel und Intrige. Im Mittelpunkt: Norbert Römer, 71. Der ehemalige Bergbaugewerkschafter, der im Zusammenspiel mit Hannelore Kraft die Partei zum verlängerten Arm der Fraktion veränderte, hatte sich nach der Wahlniederlage zum Moderator des Übergangs erklärt und die kommenden Monate per Ämterhäufung (Fraktionschef, Bezirksvorsitzender Westliches Westfalen, Schatzmeister der Landespartei) genutzt, die Dinge in seinem Sinne zu lenken: Mit der Wahl seines engen Mitarbeiters Herter sollen Macht und Einfluss des Westlichen Westfalen (WW) im Gerangel der vier großen SPD-Regionen erhalten bleiben.
Möglich macht Herters durchaus große Erfolgsaussicht in der heutigen Wahl im Proporzspiel zwischen WW, Niederrhein, Mittelrhein und Ostwestfalen-Lippe die eigenwillige Nominierungsposse um den 40 Jahre alten potenziellen NRW-SPD-Chef Sebastian Hartmann (Mittelrhein-Bezirksvorsitzender). Der in NRW weithin unbekannte Bundespolitiker wurde zuerst von Römer und dem noch amtierenden Landeschef Michael Groschek (61) ausgewählt — und danach von einer Findungskommission nominiert. Was in der Abfolge mindestens für Erstaunen gesorgt hat. Hartmann gilt als Platzhalter. Für wen am Ende auch immer.