Vorerst keine Minikameras für Streifenpolizisten in NRW

Polizisten sind im Streifendienst häufig Attacken und Pöbeleien ausgesetzt. Schreckt eine Videokamera auf ihrer Schulter Angreifer ab? In Hessen wird das getestet. Der Landtag in NRW ist überwiegend skeptisch.

Vorerst keine Minikameras für Streifenpolizisten in NRW
Foto: Jörg Knappe

Düsseldorf (dpa). Mini-Schulterkameras für Polizisten im Streifendienst wird es in Nordrhein-Westfalen vorerst nicht geben. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) will erst eine gründliche Auswertung der Pilotversuche in Hessen abwarten. Die bisherige Datenbasis sei zu klein für einen Beweis, dass die Kameras tatsächlich Attacken gegen Polizisten verhindern, sagte Jäger am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag. Die CDU-Landtagsfraktion forderte dagegen, einen Testlauf auch in NRW zu starten. Grüne, FDP und Piraten sind dagegen.

Als erstes Bundesland testet Hessen die Minikameras seit einem Jahr in zwei Frankfurter Stadtteilen. Der Versuch ist inzwischen auf Wiesbaden und Offenbach ausgeweitet worden. Bei den Einsätzen werden nur Bilder, kein Ton aufgezeichnet.

Eine Zwischenbilanz des Frankfurter Versuchs basiere aber nur auf Einsätzen von drei Kameras, sagte Jäger. Binnen eines halben Jahres sank die Zahl der Angriffe auf Ordnungshüter in den Probegebieten während des Tests von 27 auf 20. „Damit kann man alles beweisen und nichts“, sagte Jäger.

Das Problem Gewalt gegen Polizisten werde sehr ernst genommen, versicherte der Minister. Eine landesweite Studie habe gezeigt, dass viele Polizisten nach einer Attacke gar keine Strafanzeige stellten, weil sie meinten, das bringe nichts. Deshalb habe er verfügt, dass alle Behördenleiter solche Anzeigen grundsätzlich zu unterzeichnen hätten.

Die CDU-Fraktion forderte den Innenminister auf, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, dass ein Testlauf mit Mini-Kameras in NRW gestartet werden kann. Berechnungen der Gewerkschaft der Polizei hätten ergeben, dass alle 50 Minuten ein Polizist Opfer eines Angriffs werde, sagte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Theo Kruse.

Die Grünen zweifelten hingegen an, dass der mit Video-Überwachung verbundene Grundrechtseingriff gerechtfertigt sei. „Möglicherweise handelt es sich um Scheinsicherheit“, sagte der Grünen-Abgeordnete Matthi Bolte. Oft geschehe ein Übergriff spontan, ohne dass der Täter über die Konsequenzen nachdenke. Auch die FDP wandte sich gegen „Kameras auf Schritt und Tritt“. Wenn Videoüberwachung bei Streifenpolizisten mit Sicherheitsaspekten gerechtfertigt werde, stelle sich die Frage, ob das dann auch für Krankenwagenfahrer, Wachpersonal in Stadien und Parkwächter gelten müsste, sagte der FDP-Abgeordnete Robert Orth.

Auch Jäger warnte, der Staat dürfe „nicht über das Ziel hinausschießen“. Der SPD-Abgeordnete Thomas Stotko gab zu bedenken, das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Polizei könnte bei der Ausrüstung mit den Schulterkameras leiden. Es dürfe nicht der Eindruck einer überwachenden Staatsmacht entstehen.

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