NRW Videotechnik gegen Suizidgefahr im Gefängnis

In NRW-Gefängnissen töteten sich 2016 bereits 18 Häftlinge. Nach Kritik an der Überwachungspraxis soll es nun doch eine Gesetzesreform geben.

NRW: Videotechnik gegen Suizidgefahr im Gefängnis
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Düsseldorf/Köln. Suizidgefährdete Gefangene in NRW sollen stärker mit Videotechnik überwacht werden können. Das geht aus einem Bericht der Landesregierung hervor, den Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) gestern im Rechtsausschuss des Landtags vorgestellt hat. Anlass für die Reform ist die hohe Zahl von Selbsttötungen in nordrhein-westfälischen Haftanstalten.

Laut Bericht sollen künftig auch suizidgefährdete Gefangene in normaler Strafhaft per Video ununterbrochen überwacht werden können. Seit 2015 ist das nur in besonderen Räumen und bei akuter Gefahr möglich. Die Landesregierung will die Änderung noch im November in den Landtag einbringen.

Zuvor hatte die Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten in Nordrhein-Westfalen mangelnde Videoüberwachung bei suizidgefährdeten Gefangenen kritisiert. Auch die CDU-Landtagsfraktion setzte den NRW-Justizminister deshalb unter Druck.

Seit Beginn des Jahres haben sich in NRW bereits 18 Häftlinge selbst getötet. Allein im November gab es drei Fälle. Die Zahl sei zwar im Vergleich hoch. „Betrachtet man jedoch die Entwicklung im Zeitraum 2000 bis 2015, ist in NRW über die Jahre ein deutlicher Rückgang der Suizidanzahl festzustellen“, sagt die Psychologin Katharina Bennefeld-Kersten. Sie gehört zur Expertenkommission, die den Suizid des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in der JVA Leipzig untersucht. Ihrer Ansicht nach ist die Zahl der Suizide 2015 mit neun Fällen für das bevölkerungsreiche NRW im aktuellen Vergleich niedrig gewesen.

„Man geht davon aus, dass die Suizidraten von Gefangenen höher sind als solche der Allgemeinbevölkerung“, erklärt die Expertin. Allerdings sei es schwierig, diese beiden Gruppen zu vergleichen. Häftlinge hätten oft ein höheres Suizid—risiko, weil sie zum Beispiel häufig alkohol- oder drogenabhängig seien oder kritische Ereignisse in ihrem Leben eine Rolle spielten.

In Ausschussbericht nimmt die Landesregierung auch Stellung zum jüngsten Suizidfall in der JVA Bochum. Dort hatte sich ein 37-jähriger Häftling wohl durch Medikamente vergiftet. Zum Zeitpunkt seines Todes war der suizidgefährdete Mann in einem besonderen Haftraum untergebracht. Auch wurde er in Abständen von nicht mehr als 15 Minuten überwacht.

Gegen die Aufseherin werden nun dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen geprüft. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen einer möglichen Verletzung der Sorgfaltspflicht. Das sei in einem solchen Fall üblich, sagte ein Sprecher des Justizministeriums.

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