Anruf beim Staatsanwalt Vermeintlicher „Hacker-Angriff“ auf Schulze Föcking (CDU) - Staatsanwälte entlasten Minister Biesenbach

Düsseldorf · Nach dem vermeintlichen Hackerangriff auf das private Media-Netzwerk von Ex-Umweltministerin Schulze Föcking (CDU) untersucht ein Ausschuss den Fall. Die SPD sieht eine politische Einflussnahme von Minister Biesenbach auf die Justiz.

 Peter Biesenbach (CDU), Justizminister von Nordrhein-Westfalen.

Peter Biesenbach (CDU), Justizminister von Nordrhein-Westfalen.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Hat der NRW-Justizminister Einfluss auf die Staatsanwaltschaft genommen? In der Weise, dass diese entgegen eigener Überzeugung ein brisantes Ermittlungsverfahren weiter am Kochen hielt? Es geht um den vermeintlichen Hacker-Angriff auf das private Media-Netzwerk der früheren Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU). Die Unterstellung: die angeschlagene (und später zurückgetretene) Parteifreundin von Justizminister Peter Biesenbach sollte in der Öffentlichkeit weiterhin als Opfer dastehen.

Staatsanwalt beim Ortstermin – da ruft der Justizminister an

Der Verdacht, zu dem am Montag zwei mit dem Fall befasste Oberstaatsanwälte im Untersuchungsausschuss „Hackerangriff“ vernommen wurden, klingt ungeheuerlich. Doch er lässt sich genau so den Fragen entnehmen, die die Opposition im Ausschuss stellte. Das Gremium soll klären, ob die Landesregierung über eine längere Zeit vertuscht hat, dass es sich gar nicht um einen Hackerangriff handelte. Immerhin hatten sich nach Bekanntwerden des Verdachts auch die Oppositionsparteien solidarisch hinter die CDU-Ministerin gestellt. Doch diese und auch die Landesregierung unterließen es wochenlang, klarzustellen, dass es sich gar nicht um einen Hackeranriff gehandelt hatte.

Die Vorgeschichte: Mitte März 2018 war auf dem Fernseher im Privathaus der Familie Schulze Föcking wie von Geisterhand gesteuert ein Bericht über eine Landtagsdebatte zu sehen. Darin ging es um Vorgänge auf dem Hof der Familie Schulze Föcking  – um die von Tierschützern angeprangerten Zustände in dem Schweinemastbetrieb. Der Verdacht: Das Netzwerk wurde gehackt und ferngesteuert. Die für Cybercrime zuständige Staatsanwaltschaft Köln übernahm die Ermittlungen. Und kam schon recht bald zum Ergebnis, dass die Ursache offenbar ein Computer-Bedienfehler durch ein Familienmitglied der Schulze Föckings war.

Eben dies teilte der am Montag als Zeuge im Ausschuss vernommene Oberstaatsanwalt Markus Hartmann der Familie am 29. März bei einem Ortstermin auf deren Hof im Münsterland mit. Just in diesen Ortstermin platzte jedoch ein Anruf von Justizminister Peter Biesenbach auf dem Handy des Oberstaatsanwalts. Der Wortlaut des Gesprächs ist nicht überliefert. Fakt ist: Am Abend fuhr der Staatsanwalt wieder zurück, ohne die Familie davon überzeugt zu haben, dass sie selbst den Vorfall ausgelöst habe. Und setzte die Ermittlungen fort.

„Ich frage jetzt mal ganz offen, hat der Fortgang der Ermittlungen etwas mit dem Anruf des Justizministers zu tun?“, fragt Ausschussvorsitzender Hans-Willi Körfges (SPD). Und CDU-Mann Olaf Lehne wird noch deutlicher: „Gab es Anweisungen des Ministers an Sie?“ Hartmann, der es als Staatsanwalt gewohnt ist, seinerseits Fragen zu stellen, bleibt auch in seiner Zeugenrolle kontrolliert: „Die gab es nicht“, sagt er. „Und wenn es sie gegeben hätte, hätte ich dagegen remonstrieren (Einwände erheben, Anm. d. Red.) müssen.“ Die Staatsanwaltschaft ermittle selbstständig. Minister Biesenbach habe sich nur über den Stand der Ermittlungen informieren lassen. Andreas Bialas (SPD) dazu: „Spätestens da musste dem ermittelnden Oberstaatsanwalt klar sein, dass er unter besonderer Beobachtung des Justizministers stand.“

Chefermittler nennt Verhalten des Ministers „unkonventionell“

Ob es denn nicht ungewöhnlich sei, dass ein Justizminister einen Staatsanwalt anrufe, werden Hartmann und sein Vorgesetzter, Stephan Neuheuser, im Ausschuss gefragt. Neuheuser nennt dieses Ministerverhalten „unkonventionell“. Aber so wie auch Hartmann will er darin nicht den Versuch einer Einflussnahme sehen. Man merkt es SPD und Grünen an, dass sie das nicht glauben. Ex-Innenminister Ralf Jäger (SPD) kleidet diese freilich auch politisch getriebenen Zweifel in Frageform: „Ist ein solches unkonventionelles Verhalten nicht umso mehr fragwürdig, wenn es um eine Kabinettskollegin des Justizministers geht? Signalisiert das nicht geradezu, dass es eine Einflussnahme gibt?“ Doch die Staatsanwälte  – sie sind Glieder einer streng hierarchischen Behörde, nachgeordnet dem Justizministerium – bestreiten das. Der Justizminister habe sich nur informieren wollen, betonen die beiden mehrfach in ihrer stundenlangen Vernehmung. Und entlasten damit, soweit es ihnen möglich ist, den Minister.

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