Umsatzsteuerbetrug: NRW-Fahnder auf Hochtouren

Eine neue Zentralstelle in Bonn koordiniert schon mehr als 1100 Verdachtsfälle. Die Einnahmeverluste betragen geschätzte 250 Milliarden Euro jährlich.

Düsseldorf. Zumeist das Organisierte Verbrechen missbraucht die Umsatzsteuer, um dem Fiskus Milliarden zu rauben - europaweit. Rund 250 Milliarden Euro Einnahmeverluste entstehen dadurch jährlich, schätzt die EU. Allein für NRW entspricht dies Schäden in Höhe von "mindestens 1,7 Milliarden Euro jährlich", sagt NRW-Finanzminister Helmut Linssen.

Das Problem: Beim jetzigen Umsatzsteuerverfahren fallen die Steuerschuld und die Berechtigung zum so genannten Vorsteuerausgleich auseinander: Kauft ein Unternehmen eine Ware, hat es Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer (Vorsteuerabzug) - auch wenn das verkaufende Unternehmen diese gar nicht ans Finanzamt abführt.

Das machen sich Banden zu Nutze, indem sie über ein Geflecht von Scheinfirmen und auch mittels Scheinrechnungen Waren über EU-Binnengrenzen hinweg karussellartig kreisen lassen (siehe Grafik).

Beim jetzt von Bundesfinanzminister Steinbrück vorgeschlagenen "Reverse-Charge"-Modell (engl. = umgekehrte Belastung) läge die Steuerschuld allein beim Käufer: Nur der Endkunde, dem sie nicht vom Finanzamt zurück erstattet wird, zahlt die Umsatzsteuer tatsächlich.

Dieses Verfahren gilt jedoch als sehr komplizert, da die Firmen bei jedem einzelnen Verkauf bei den Behörden prüfen müssen, ob der jeweilige Käufer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Unter anderem der Wirtschaftsverband BDI oder der Handwerkerverband ZDH lehnen das Modell wegen des hohen Kontrollaufwandes für die Verkäufer ab. Allerdings unterstützt NRW-Finanzminister Linssen seinen Bundes-Kollegen: "Reverse-Charge ist ein gutes Modell, um die Betrugsmöglichkeiten im heutigen System der Mehrwertsteuer zu minimieren."

Über mangelnde Arbeit kann die junge Abteilung nicht klagen: Zeus-Leiter Christoph Spitzlei: "Wir analysieren und koordinieren derzeit bereits rund 1100 Verdachtsfälle, darunter zahlreiche Amtshilfen für EU-ausländische Steuerbehörden."

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