SPD und Grüne in NRW: Latinums-Pflicht für Lehramt auf Prüfstand

Das Latinum hat unter Schülern und Studenten wenig Fans. Für manche Studiengänge ist es aber ein Muss. In NRW rütteln nun einige an der Latinums-Pflicht für Lehramtsstudenten.

Düsseldorf (dpa) - Nordrhein-Westfalens SPD und Grüne wollen die Latinums-Pflicht für Lehramtsstudenten auf den Prüfstand stellen. Auslöser ist eine Resolution der Studentenvertretung der Ruhr-Uni Bochum, der zufolge der nachträgliche Erwerb des Latinums häufig zu längeren Studienzeiten oder gar Studienabbruch führt, wie die „Rheinische Post“ am Mittwoch berichtete.

Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen bestätigten auf Medien-Anfrage, sie seien offen für eine Überprüfung. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) kündigte einen Bericht zu Umsetzung und Qualität der Lehrerausbildungsreform bis Ende 2013 im Landtag an. Dann könne „auch über das Thema Latein in der Lehrerausbildung gesprochen werden“. Eine Landesverordnung schreibt das Latinum für Gymnasial- und Gesamtschullehrer in Fächern wie Französisch, Englisch, Geschichte oder Philosophie vor. Das Latinum kann nach mehreren Jahren in der Schule erworben werden, wenn die Abschlussnote mindestens eine Vier (ausreichend) ist - oder später in mehreren Semestern an der Uni nachgeholt werden, was viele Studenten als Kraftakt schildern.

In der Resolution der Bochumer Studentenvertretung (Asta) heißt es, die Latinums-Pflicht in der jetzigen Form gehöre abgeschafft. Gutes Lehrpersonal brauche allenfalls Grundkenntnisse in Latein - „auf dem Niveau eines im Studium implementierten Lateinkurses à 5 CP“. Ein CP (Credit Point) entspricht 25 bis 30 Arbeitsstunden. Grünen-Hochschulexpertin Ruth Seidl sagte: „Aus unserer Sicht ist eine Latinums-Pflicht für Lehramtsstudierende heute weder zeitgemäß noch erschließt sich die fachliche Notwendigkeit für die in der Lehramtszugangsverordnung festgelegten Fächer.“ Sie verwies auf andere Bundesländer: „Bayern und Niedersachsen haben sich bereits von der Latinums-Pflicht verabschiedet.“

Der Asta-Vorstoß solle dahingehend geprüft werden, ob nicht stattdessen Latein-Grundkenntnisse ausreichten. Ein Sprecher der SPD-Fraktion sagte, man sei offen für eine Diskussion, ohne vorher auf ein Ergebnis festgelegt zu sein. Laut CDU schult Latein das argumentative Denken, ist die Grundlage der meisten europäischen Sprachen sowie für Religion und Philosophie. Das Latinum solle als Teil einer anspruchsvollen Lehrer-Ausbildung vorgeschrieben bleiben.

Ministerin Löhrmann entgegnete: „Man kann auch auf Deutsch denken lernen.“ Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) plädierte dafür, auf den zwingenden Latinums-Nachweis zu verzichten. Das Latinum als „altes Ideal“ solle nicht weiter hochgehalten werden. Der Philologenverband sprach sich für das Beibehalten der Pflicht aus.

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