Sorge vor zersplitterten Räten - Grüne beraten über Sperrklausel

Ein Dutzend verschiedene Gruppierungen und Mini-Fraktionen erschweren in manchen Kommunen des Landes die Arbeit in den Räten. Immer mehr Parteien in NRW denken über eine neue Sperrklausel nach.

Düsseldorf/Mülheim (dpa). Der Ruf nach Wiedereinführung einer Sperrklausel gegen Splitterparteien bei Kommunalwahlen wird in Nordrhein-Westfalen lauter. Am Sonntag beschäftigt das Thema auch die NRW-Grünen auf einem kleinen Parteitag in Mülheim. In einem Antrag des Landesvorstands an die Delegierten heißt es: „Die Einführung einer niedrigschwelligen Sperrklausel von höchstens drei Prozent kann eine Möglichkeit sein, die Funktionsfähigkeit der Räte zu sichern.“

In den vergangenen Monaten hatten sich bereits SPD und CDU dafür ausgesprochen, eine Mindestklausel in dieser Größenordnung rechtzeitig vor der nächsten Kommunalwahl 2020 wieder einzuführen. Aus ihrer Sicht sind Stadträte mit zehn oder mehr Fraktionen, Kleinstgruppierungen und Einzelvertretern kaum noch arbeitsfähig.

1999 war die Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen in NRW nach einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts abgeschafft worden. Für eine rechtssichere Wiedereinführung einer Sperrklausel ist laut einem für die SPD erstellten Gutachten eine Änderung der Landesverfassung nötig. Dafür braucht die rot-grüne Koalition auch die Zustimmung der CDU-Opposition im Landesparlament.

Die Sperrklausel sei allerdings „kein Allheilmittel“, betont der Landesvorstand der Grünen. Nötig seien auch weitere Maßnahmen, um die Arbeit in den kommunalen Räten attraktiver zu machen. Dazu gehöre ein flexibleres Wahlrecht, das den Bürgern ermögliche, mehrere Stimmen auf einen Kandidaten (Kumulieren) oder sogar auf Kandidaten unterschiedlicher Listen zu verteilen (Panaschieren). Dies sei immerhin bereits in 13 der 16 Bundesländer möglich.

„Darüber hinaus könnte auch eine „Ersatzstimme“ dafür Sorge tragen, dass möglichst jeder Bürger Einfluss auf die Zusammensetzung des Rates hat - auch wenn er oder sie ansonsten für eine erfolglose Partei oder einen erfolglosen Bewerber gestimmt hat“, schlägt der Landesvorstand vor.

Das Führungsgremium legt den Delegierten außerdem einen Antrag zur Terrorismusbekämpfung vor. Er enthält eine klare Absage an Gesetzesverschärfungen, die Freiheitsrechte der Bürger beschneiden. Nach den tödlichen Anschlägen in Paris vor zwei Monaten wäre das ein „nachträglicher Teilerfolg für die Terroristen“, warnen die Grünen. Eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikations- oder Fluggastdaten komme für sie nicht infrage.

Das zentrale Mittel gegen Radikalisierung sei stattdessen Vorbeugung. In NRW seien etwa 1900 von bundesweit 7000 Verdächtige dem gewaltbereiten Islamismus zuzurechnen, heißt es in dem Antrag. Obwohl das Land einige Hochburgen salafistischer Aktivitäten habe, sei dies in der landesweiten Betrachtung doch nur eine sehr kleine Minderheit.

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