Expo Real in München So sieht die Zukunft unserer Städte aus

Wohnraum wird immer knapper und teurer: Kommunen aus der Region stellen auf der Expo Real in München ihre Ideen und Projekte vor.

Expo Real in München: So sieht die Zukunft unserer Städte aus
Foto: Catella/ Living Circle

München/Düsseldorf/Krefeld/Wuppertal/Solingen. Die Expo Real hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Längst geht es nicht nur um Standort- und Immobilienmarketing, das Thema Wohnen ist von enorm hohem Interesse. Ein elementarer Standortfaktor. Wer große Unternehmen ansiedeln und Gewerbesteuer kassieren will, der muss geeigneten und vor allem ausreichenden Wohnraum vorhalten. Wer den demografischen Wandel bewältigen möchte, ebenso. Qualitativ hochwertiges wie bezahlbares Wohnen gehören zu den größten Herausforderungen für die Zukunft. Etliche Kommunen stellen ihre ausgewiesenen oder geplanten Neubaugebiete vor, suchen Investoren, Architekten, Entwickler. Ab sofort. Manche Städte fürchten, den Anschluss zu verlieren. Und sie haben ganz unterschiedliche Perspektiven.

Gefördert wird derweil vielfältig, die NRW.Bank ist mittendrin. Auch bei der Expo in München. Prokurist Jürgen Jankowski ist Förderberater in der Wohnraumförderung der NRW.Bank und sagt: „Der Bau geförderter Mietwohnungen und der Erhalt günstiger Bestandswohnungen werden immer wichtiger, um die Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum sicherzustellen. Als Förderbank bietet die NRW.Bank ein breites Spektrum an Förderangeboten für Investoren, um preisgünstige Wohnungen zu schaffen und Quartiere aufzuwerten. Daneben leistet die soziale Wohnraumförderung einen wesentlichen Beitrag, um eine gute Qualität von Wohnungen und Umfeld zu erreichen.“

Das Bild vom sozialen Wohnungsraum, das früher geprägt war von großen Hochhausanlagen und einem problembehafteten Umfeld, habe sich deutlich gewandelt. „Von der Ausstattung her sind öffentlich geförderte Wohneinheiten von den frei finanzierten nicht mehr zu unterscheiden. Da gibt es Richtlinien, die etwa die Anzahl der Geschosse limitieren. Außerdem sind die Einkommensgrenzen für einen Wohnberechtigungsschein mittlerweile so hoch, dass bis zu 60 Prozent der arbeitenden Bevölkerung einen Anspruch hätten. Bei Rentnern sind das sogar 80.“ Nach Modellrechnungen des Bauministeriums und der NRW.Bank besteht bis 2020 ein Neubaubedarf von gut 400 000 Wohneinheiten, privat wie öffentlich gefördert. Groß im Trend steht dabei interessanterweise der Geschosswohnungsbau, wo die Experten einen Bedarf von 60 000 Einheiten per anno sehen.

Bei den Kommunen arbeiten sie an der Zukunft. Während der Kreis Viersen derzeit eher eine Überdeckung registriert, fürchtet Krefeld, die Anforderungen kaum bedienen zu können. Innerhalb der nächsten fünf Jahre, so Stadtplaner Norbert Hudde, entstehe in Krefeld ein Bedarf an 7000 neuen Wohneinheiten. „Bis zu 4000 haben wir im Verfahren, realisieren werden wir aber wahrscheinlich 2500.“ Das hat unterschiedliche Gründe. Zum Beispiel, dass in Krefeld derzeit nicht mehr viele Flächen bestehen, die politisch bewegbar sind. Hier sind es vor allem die Grünen, die den hohen Neubaubedarf bezweifeln. Hudde stellt nüchtern fest: „Wir vertun eine Chance, Interessierte werden mangels Alternativen eher in die Randkommunen ziehen. Für uns als Oberzentrum am Niederrhein ist das ärgerlich.“

Solingens Stadtdirektor Hartmut Hoferichter registriert vor allem im Westen der Stadt eine stärkere Nachfrage. Über alle Segmente. Und eine Preissteigerung im durchschnittlichen Mietspiegel von bis zu vier Prozent. Ein Problem sieht er aber nicht. „Wir haben ein Handlungskonzept Wohnen aufgelegt, das gleichermaßen Familien, Singles und Senioren berücksichtigt, preis- und hochwertigen Wohnbedarf.“ Die Stärkungspakt-Kommune will in den nächsten Jahren von 250 auf 400 neue Wohneinheiten aufsatteln.

Optimistisch gibt sich auch Wuppertals Oberbürgermeister Andreas Mucke. Die Stadt rechnet innerhalb der nächsten zehn Jahre mit einem Zuwachs der Bevölkerung von 360 000 Einwohner auf 365 000. Hinzu kommen in Sachen Wohnraumbedarf die Einheiten, die Wuppertal als Kommune im Speckmantel Düsseldorfs laut neuem Regionalplan als Kompensation für fehlende Kapazitäten in der Landeshauptstadt zugeschlagen bekommt. „Wir müssen da deren Bedarf mitabdecken“, erklärt Mucke. Und registriert in Wuppertal vor allem einen Bedarf an „qualitativ hochwertigem Wohnraum. Deshalb stellen wir auf der Expo auch unser neues Wohnprojekt in Wuppertal-Heubruch vor“.

Um Wuppertal attraktiv zu halten, müsse aber vor allem die Mischung stimmen, sagt Wirtschaftsförderer Rolf Volmerig. Dabei zeigen sich die Bergischen durchaus findig. In den Niederlanden hat man sich das so genannte Haushüter-Prinzip abgeguckt, indem handwerklich begabte Mieter für ein geringes Geld wohnen dürfen und dafür teils alte Bestände in Schuss halten. Bei den attraktiven Gründerzeit-Quartieren, die fast zu 100 Prozent in privater Hand sind, will die Stadtspitze interessierte Eigentümer zu Fördermitteln bringen. Im sozialen Wohnungsbau, insbesondere entlang der Talachse, fließen 40 Millionen Euro im Rahmen des Stadtumbaus West in die Sanierung. Mücke sagt: „Wir spüren ganz deutlich eine Re-Urbanisierung, derer müssen wir Herr werden.“

Ein Problem, das sie in Düsseldorf nur zu gut kennen. Die Stadt wächst, boomt geradezu. Der Expo-Katalog besteht zu einem guten Teil aus Wohnraum-Projekten, schon lange sind sie in der Landeshauptstadt dabei, überflüssige Büroflächen in Wohnformen umzuwandeln. Innerhalb der nächsten drei Jahre soll für fast 10 000 neue Wohneinheiten Baurecht geschaffen werden. Dabei geht die Schere im schicken Düsseldorf weiter auseinander als anderswo, bezahlbarer Wohnraum ist kaum vorhanden.

Zum „Aktionsplan Wohnen“ gehört auch ein Handlungskonzept, das OB Thomas Geisel bereits vor drei Jahren auf der Expo angekündigt hat. 2018 will Düsseldorf Baurecht schaffen für 1040 öffentlich geförderte und 690 preisgedämpfte Wohneinheiten, 2019 für 1100 beziehungsweise 730. In 2017 und 2018 ruft die Stadt 143 Millionen Euro an Fördermitteln ab.

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