Uber & Co Scheuer will Fahrdienst-Markt öffnen - mehr Konkurrenz für Taxis

Berlin · Vor sechs Jahren wurde das Fernbus-Geschäft in Deutschland liberalisiert. Nun will die Bundesregierung an den Fahrdienst-Markt heran, der sich grundlegend verändert. Bisherige rechtliche Hürden für Dienste wie Uber sollen beseitigt werden.

 Angst vor billiger Konkurrenz: Die Taxifahrer kritisieren Pläne der Bundesregierung.

Angst vor billiger Konkurrenz: Die Taxifahrer kritisieren Pläne der Bundesregierung.

Foto: Ole Spata/dpa/Ole Spata

Es ist ein weit verbreiteter Trend vor allem in Großstädten: Per Smartphone neue Fahrdienst-Angebote bestellen oder mit anderen Kunden teilen. Das eigene Auto bleibt stehen oder wird gleich ganz abgeschafft - auch wegen der vielen Staus in Ballungsräumen. Immer mehr Mobilitätsdienste werben um Kunden, bisher aber gibt es noch rechtliche Hürden. Der hart umkämpfte Markt soll nun liberalisiert und wesentliche Auflagen für neue Mobilitätsdienstleister sollen gestrichen werden. Taxis müssen sich auf mehr Konkurrenz einstellen.

Das geht aus Eckpunkten des Verkehrsministeriums für eine Reform des Personenbeförderungsgesetzes hervor, die der Deutschen Presse-Agentur am Montag vorlagen. Die Liberalisierung von Fahrdienst-Angeboten wird in der schwarz-roten Koalition von der Bedeutung her mit der Öffnung des Fernbusverkehrs in Deutschland Anfang 2013 verglichen.

Verbraucherverbände begrüßten die Pläne. Das Taxigewerbe dagegen warnte vor massiven Auswirkungen. Die geplanten Änderungen wären eine „Katastrophe“, sagte Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes, der dpa. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) würde das Taxigewerbe „plattmachen“.

Konkret soll laut den Eckpunkten die sogenannte Rückkehrpflicht für Mietwagenfirmen mit Fahrern - wie Uber - abgeschafft werden. Bislang müssen diese nach jeder Fahrt an den Hauptstandort zurückkehren und dürfen anders als Taxis nicht auf der Straße auf Kunden warten. Es erscheine aber „sinnvoll, bestimmte Bereiche für den Taximarkt zu reservieren“, heißt es in dem Papier des Ministeriums. Wann die digitale Vermittlung von Fahrten selbst als Beförderungsleistung einzustufen ist, werde außerdem klar definiert.

Vor allem die geplante Abschaffung der Rückkehrpflicht für Mietwagen sorgte beim Taxigewerbe für Entrüstung. Dies wäre für Taxiunternehmen „existenzbedrohend“, sagte Grätz. „Mietwagen-Dienste mit Chauffeur könnten dann frei in den Innenstädten kreisen auf der Suche nach Kunden. Selbst wenn bestimmte Bereiche wie Flughäfen oder Bahnhöfe für Taxis reserviert wären - das wäre nur schwer zu kontrollieren.“

Ein weiterer Kernpunkt der Eckpunkte ist, dass das sogenannte Poolingverbot für Mietwagen mit Fahrer aufgehoben werden soll. Anbieter könnten dann künftig auch Poolingdienste anbieten, also Fahrgäste mit ähnlichem Start und Ziel einsammeln. Dies zielt vor allem auf eine Stärkung von Angeboten im ländlichen Raum.

Zugleich ist ein Schutzmechanismus für den öffentlichen Personennahverkehr vorgesehen: Eine Genehmigung des Verkehrs mit Mietwagen soll laut Eckpunkten verboten werden, sofern die zuständige Verkehrsbehörde feststelle, dass ansonsten „einzelne ertragreiche Linien“ gefährdet seien. Auf diese Weise sollen die Kommunen den Mietwagenverkehr entsprechend steuern können.

Auf dem Fahrdienst-Markt gibt es eine Vielzahl neuer Angebote. Dazu zählen Mietwagenfirmen, Fahrdienst-Vermittler und Shuttle-Dienste. Auch Autokonzerne drängen in diesen Markt. Sie wollen sich langfristig zu Mobilitätsdienstleistern wandeln.

In der schwarz-roten Koalition war mit Blick auf die Eckpunkte von einem ersten Aufschlag die Rede. Es könne noch Monate dauern, bis es einen Referentenentwurf für eine Novellierung des Gesetzes gebe. Am Ende muss auch der Bundesrat Änderungen zustimmen.

Die Eckpunkte sehen auch vor, dass sogenannte „bedarfsgesteuerte Ridepooling-Dienste“ kommunaler Verkehrsunternehmen als Sonderform des Linienverkehrs erlaubt werden sollen. Dies betrifft zum Beispiel Angebote wie den „Berlkönig“ der Berliner Verkehrsbetriebe oder „Clevershuttle“ der Deutschen Bahn. Dort teilen sich Nutzer die Fahrt mit anderen Gästen.

Das Verkehrsministerium verwies darauf, dass Union und SPD im Koalitionsvertrag eine Modernisierung des Personenbeförderungsrechts vereinbart hätten. Dieses solle an geänderte Mobilitätsbedürfnisse und neue technischen Entwicklungen angepasst werden.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte: „Neben dem eigenen Auto, Taxi sowie Bussen und Bahnen bietet uns das Internet die Möglichkeit, sich mit Hilfe von modernen Mobilitätsdienstleistern mobil zu bewegen. Das bedeutet weniger Verkehr, weniger Staus, weniger Parkplatzsuche und bringt mehr Mobilität mit mehr Service und Qualität.“ Die Koalition werde dafür sorgen, dass die Beschäftigten auch bei den neuen digitalen Mobilitätsformen ordentlich bezahlt werden und das bestehende Angebot sinnvoll ergänzt werde.

„Moderne Mobilitätsdienstleistungen dürfen den Verbrauchern nicht länger vorenthalten werden“, sagte Marion Jungbluth, Verkehrsexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband. „Ridepooling, Fahrdienste oder digital-buchbare Rufbusse - alles was hilft, Mobilität für die Menschen nachhaltig zu sichern, sollte grundsätzlich erlaubt werden.“

MyTaxi-Deutschlandchef Alexander Mönch pochte auf einen fairen Wettbewerb beim Ausbau neuer Dienstleistungen. Sonst werde das Taxigewerbe „vor die Hunde gehen“, sagte Mönch der dpa. Die Gefahr liege in der Ungleichbehandlung von Taxis und Anbietern von Mietwagen mit Fahrern.

(dpa)
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