Rektorengehaltsliste bringt Politik und Wissenschaft unter Beschuss

Seit Monaten wehren sich die Rektoren in NRW vehement gegen „Gängelung“ durch ein neues Hochschulgesetz. Auch verschärfte Finanzkontrolle halten sie für unnötig. Jetzt sind sensible Daten über ihre Gehälter in die Öffentlichkeit gelangt.

Düsseldorf (dpa). Eine veröffentlichte Liste mit den Gehältern nordrhein-westfälischer Hochschulrektoren bringt das Wissenschaftsministerium des Landes und die Universitäten in Erklärungsnot. Im Internetportal eines früheren NRW-Wissenschaftsstaatssekretärs findet sich eine Liste mit teilweise drastischen Gehaltsentwicklungen der Spitzen von Universitäten und Fachhochschulen.

Wie die geheimen Daten in die Öffentlichkeit gelangt seien und welche rechtlichen Folgen das habe, werde nun intern geprüft, teilte das Ministerium am Freitag auf Anfrage mit. Die Weitergabe der Daten sei „eine nicht zu rechtfertigende Indiskretion“. Wie die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (Freitag) berichtete, vermuten die Rektoren dagegen eine gezielte Indiskretion wegen ihrer harschen Kritik am geplanten Hochschulgesetz.

Die Vergütungsdaten seien bereits vor einem Jahr anlässlich einer Anfrage der Piraten-Landtagsfraktion erhoben worden, bestätigte das Ministerium. Damals seien sie aus Datenschutzgründen aber nur in anonymisierter und gesammelter Form widergegeben worden.

Nach dem 2006 unter schwarz-gelber Mehrheit beschlossenen Hochschulfreiheitsgesetz des Landes verhandeln die Hochschulratsvorsitzenden mit den jeweiligen Hochschulleitungen über Funktionsleistungszulagen als Ergänzung des Grundgehalts. Der jetzt veröffentlichten Liste zufolge sind viele Gehälter unter der neuen Hochschulfreiheit teilweise erheblich gestiegen.

Demzufolge steigerte sich etwa das Gehalt des Rektors der renommierten RWTH Aachen von 2004 bis 2012 von rund 89 000 auf rund 153 000 Euro. Bei den meisten Universitätsspitzen pendelte das Gehalt 2012 zwischen 130 000 und 137 000 Euro. In dieser Klasse spiele auch der Kanzler der Universität Köln, der in dem Zeitraum auf eine stolze Gehaltssteigerung um gut 70 Prozent gekommen sei, heißt es in dem Bericht im Internetportal „Nachdenkseiten.de“.

Mit ihrem neuen Hochschulgesetz will die rot-grüne Landesregierung mehr Kontrolle über die Gehälter der Hochschulspitzen gewinnen. Die Rektoren fürchten hingegen nicht nur in diesem Bereich um die Hochschulautonomie und machen seit Monaten Front gegen die Novelle.

Als „unglaublichen Vorgang“ kritisierte die CDU die Veröffentlichung der Rektoren-Gehälter. Sie will deshalb eine Sondersitzung des Wissenschaftsausschusses im Landtag beantragen. Schulze müsse „umgehend jeden Verdacht ausräumen, die Indiskretion aus taktischen Gründen gezielt gestreut zu haben“, forderte der hochschulpolitische Sprecher der CDU, Stefan Berger .

Die Piraten sehen nicht in der Veröffentlichung der Daten einen Skandal, sondern in den Gehaltssteigerungen. „Die Bezüge der Uni-Rektoren werden aus Steuermitteln finanziert - der Steuerzahler hat grundsätzlich ein Anrecht darauf zu erfahren, was mit seinem Geld passiert“, betonte Fraktionschef Joachim Paul in einer Mitteilung. Sich darüber zu empören, sei „eine Frechheit“. Deswegen werde es höchste Zeit für ein neues Hochschulgesetz mit mehr Transparenz.

Die SPD warnte hingegen vor einer „Neid-Debatte. Das Recht der Öffentlichkeit auf Information müsse sehr sorgfältig mit dem Vertrauensschutz der Betroffenen abgewogen werden, mahnte der wissenschaftspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Karl Schultheis. „Die Hochschulleitungen nehmen herausragende Führungspositionen ein und tragen Verantwortung für Tausende Studierende und Beschäftigte.“ Ihre Bezüge müssten sich in einem angemessenen Verhältnis zum Gehaltsgefüge anderer Spitzenkräfte des Landes bewegen.

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