Meinung Profilförderung des Landes: Gegen die kulturelle Verarmung

Meinung | Düsseldorf · Die Stärkung der kommunalen Theater und Orchester wird auch zu einer Stärkung der Kommunen selbst. Das Land nimmt ihnen den Druck, nur noch um Kürzungen und Schließungen zu kreisen. Wenn die Städte ihr Förderniveau beibehalten, gibt es für sie jetzt kulturellen Zugewinn – und damit für uns.

 Ein Kommentar von Ekkehard Rüger.

Ein Kommentar von Ekkehard Rüger.

Foto: ja/Sergej Lepke

Seinem Geldgeber spuckt man in der Regel nicht in die Suppe. Insofern sind die Freundlichkeiten, die bei der Vorstellung der Profilförderung der kommunalen Theater und Orchester in NRW ausgetauscht wurden, erwartbar gewesen. Zumal sich im Landtag in Düsseldorf auch nur Vertreter der Einrichtungen zu Wort meldeten, die von der Jury aus den landesweit 31 Bewerbungen ausgewählt worden waren und nun in den Genuss sechsstelliger Fördersummen kommen, verteilt auf drei Jahre. Aber es gibt einen Unterschied zwischen höflicher Freundlichkeit und fühlbarer Erleichterung.

Und die Kulturszene in NRW ist erleichtert. Sie ist erleichtert, weil sie Wertschätzung spürt – nicht mehr nur in Sonntagsreden, sondern durch echtes Interesse und die überfällige finanzielle Unterstützung. Das Kulturministerium hat lange überlegt, ob es sein jüngstes Programm nun Profilförderung, Exzellenzförderung oder schlicht „Neue Wege“ nennen soll. Dabei ist Wortgeklingel gar nicht notwendig, um zu begreifen: Hier werden gerade kreative Schätze gehoben, die ohne diese Förderung verkümmert wären.

Kreativität ist zwar nicht nur, aber eben auch eine Frage des Geldes. Die zweckgebundene Unterstützung zwingt dabei die Einrichtungen zur Konzentration: Was ist uns wichtig, womit wollen wir uns hervorheben? Und die Antworten sind ein einziges Plädoyer gegen den künstlerischen Einheitsbrei und die kulturelle Verarmung.

Das Sinfonieorchester Aachen kann seine Erfahrung mit historischer Aufführungspraxis vertiefen und endlich eigene barocke Musikinstrumente anschaffen. In Wuppertal tritt ein inklusives Schauspielstudio an, eine bundesweite Vorreiterrolle zu übernehmen. Am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen wird eine experimentierfreudige Puppentheatersparte etabliert, die dem Opernhaus ganz neue Ausdrucksformen erschließen wird. Und am Schauspiel Münster entsteht in Zusammenarbeit mit Autoren ein landesweit einzigartiges Dramenlabor.

Die Stärkung der kommunalen Theater und Orchester wird so auch zu einer Stärkung der Kommunen selbst. Das Land entlässt sie nicht aus der Verantwortung, Aber es nimmt ihnen den Druck, nur noch um Kürzungen und Schließungen zu kreisen. Wenn die Städte ihr Förderniveau beibehalten, gibt es für sie jetzt kulturellen Zugewinn – und damit für uns.

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