Heimatpolitik NRW will Heimat erlebbar machen - für 113 Millionen Euro

CDU-Ministerin Ina Scharrenbach stellt diverse Projekte vor, um die Identifikation der Bürger mit ihrer Region zu stärken. 113 Millionen Euro sind veranschlagt.

Heimatpolitik: NRW will Heimat erlebbar machen - für 113 Millionen Euro
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Düsseldorf. Ein großes Wort hält Einzug in die politische Debatte: War „Heimat“ jahrzehntelang etwas, das vor allem die jüngere Generation wohl eher in einer Schmonzette der 50er Jahre oder beim „Sommerfest der Volksmusik“ verortet hätte, ist es nun auf Landes- und Bundesebene erklärtes Ziel der Politik, dem Heimatbegriff seinen identitätsstiftenden Charakter zurückzugeben.Wie das funktionieren soll, erläuterte NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Donnerstag bei einem Pressegespräch, in dem sie die zentralen Säulen ihrer Heimatpolitik vorstellte.

Für sie ist der Begriff untrennbar mit gesellschaftlichem Zusammenhalt verknüpft: „Heimat findet in Nordrhein-Westfalen Ausdruck in einem solidarischen Miteinander und in gegenseitigem Respekt voreinander. Heimat ist das, was in unserer Gesellschaft Menschen miteinander verbindet, was einen starken Zusammenhalt in einer aktiven Bürgergesellschaft ausmacht“, so weit die Definition der Ministerin.

Rund 113 Millionen Euro sind nunmehr im Landeshaushalt für die Gestaltung von Heimat bis 2022 eingeplant. Antrag auf Förderung für die einzelnen Projekte können interessierte Vereine und Initiativen sowie Kreise und Kommunen ab Sommer dieses Jahres stellen. Hier die Pläne der Ministerin im Überblick:

Zur „unbürokratischen Förderung“ von Projekten lokaler Vereine und Initiativen, die sich mit Heimat beschäftigen, werden jährlich 1000 Heimat-Schecks à 2000 Euro mit einem wechselnden inhaltlichen Schwerpunkt bereitgestellt. Finanziert werden sollen damit vor allem kleinere Projekte, die eigentlich nicht teuer sind, bei denen aber „ein paar Euro zur Umsetzung fehlen und die dabei einen großen Mehrwert versprechen“, so Scharrenbach. Antrag und Verwendungsnachweis würden auf ein Minimum reduziert, sodass „Motivation sofort in die Tat umgesetzt werden kann“.

Für innovative Heimat-Projekte lobt das Ministerium einen Preis aus, der die — überwiegend ehrenamtliche — Arbeit anerkennen und zugleich nachahmenswerte Praxisbeispiele liefern soll. Dabei gelte der Aufbau von unten nach oben, heißt es aus dem Ministerium: Kommunen sollen den Preis vergeben und die Sieger stellen sich anschließend einem Wettbewerb auf Landesebene. Kleinere Gemeinden sollen ein Preisgeld von 5000 Euro vergeben können, Kreise von 10.000 Euro und größere Kommunen von 15.000 Euro, sofern sie sich per Rats- oder Kreistagsbeschluss für die Teilnahme entscheiden. Von der Aktion verspricht sich Scharrenbach „eine Ideensammlung für ganz Nordrhein-Westfalen“, aus der neue Aktivitäten entstehen können. Auf Landesebene wählt eine Jury schließlich die besten Projekte aus — zusätzlich soll unter einem wechselnden Schwerpunktthema jährlich ein Sonderpreis vergeben werden.

Außerdem wolle das Ministerium mit einem „Heimat-Preis“ des Landes die Patenschaften Nordrhein-Westfalens sowohl mit den Siebenbürger Sachsen als auch mit Schlesien „als Zeichen der jahrzehntelangen Verbundeheit“ zum Ausdruck bringen, so Scharrenbach. Für beide Bereiche soll außerdem jeweils ein mit 12 500 Euro dotierter Landespreis ausgelobt werden.

Hierbei sind örtliche Initiativen oder andere Organisationen angehalten, in einer „offenen Kreativwerkstatt“ ein konkretes Projekt mit Bezug zum Thema Heimat auf die Beine zu stellen. Beispielsweise können die Akteure eine Großfassade oder einen Kreisverkehr künstlerisch gestalten — entscheidend ist, dass der ureigene Charakter des Ortes und die lokale Identität dabei im Mittelpunkt stehen. Eine Förderung von bis zu 40.000 Euro pro Projekt ist hier möglich.

Initiativen, die ein heimatbezogenes Projekt verwirklichen möchten, sollen durch den Heimat-Fonds unterstützt werden. Wenn Bürger sich durch Spenden an dem Projekt beteiligen, wird jeder beigesteuerte Euro durch den Fonds verdoppelt und das Budget entsprechend vergrößert. Das „Aufstockungsangebot“ soll zum Spenden für lokale Projekte animieren und zur Identifikation der Bürger mit ihrem Heimat-Projekt beitragen. Verwaltet werden soll der Fonds durch die kreisfreien Städte und Kreise, um den „interkommunalen Austausch zu stärken“, heißt es.

Eine wichtige Rolle für die lokale Identifikation der Menschen mit ihrer Heimat sind nach Auffassung des Ministerin auch geschichtsträchtige Gebäude oder besondere Orte in der Natur. Das mit einem Mindestvolumen von 100.000 Euro geförderte Projekt „Heimat-Zeugnis“ stellt somit den Bildungsaspekt in den Mittelpunkt — die Finanzspritze könne etwa für die Errichtung eines virtuellen Museums an einem historischen Bauwerk, die Modernisierung des örtlichen Heimatmuseums, aber auch für die Restaurierung eines alten Bauernhauses aufgewendet werden, das für den Ort von besonderer Bedeutung ist.

Warum das Heimatthema gerade jetzt in der Politik allgegenwärtig ist und von der großen Koalition auch im Bund mit einem von Horst Seehofer (CSU) eigenen Ministerium bedacht wird, vermag Scharrenbach nicht zweifelsfrei zu beantworten: „Das ist eine spannende Frage. Es geht zurzeit vielen Menschen so, dass sie ein Auseinanderdriften der Gesellschaft verspüren. Umso wichtiger ist es, dem etwas entgegenzusetzen, das alle verbindet.“ Eine Heimat eben.

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