Trotz hoher Luftbelastung NRW-Landesregierung will Diesel-Fahrverbote verhindern

Düsseldorf · Viele Städte in NRW reißen die Stickoxid-Grenzwerte auch 2018. Die Landesregierung kämpft an mehreren Fronten, um Fahrverbote zu verhindern.

 Symbolfoto.

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Foto: dpa/Andreas Arnold

Trotz der weiterhin zu schlechten Luft in vielen nordrhein-westfälischen Städten sieht die Landesregierung gute Chancen, Diesel-Fahrverbote verhindern zu können. Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sagte am Donnerstag in Düsseldorf: „Ich gehe davon aus, dass wir alle Verfahren, die wir im Jahr 2019 haben werden, für uns entscheiden.“

Das Ministerium war gegen die gerichtlich angeordneten Fahrverbote in mehreren Städten wie Köln, Bonn, Gelsenkirchen und Essen in Berufung gegangen. Wegen der laufenden Verfahren werde nicht damit gerechnet, dass die teils schon für Frühjahr und Sommer angeordneten Fahrverbote dieses Jahr überhaupt umgesetzt werden müssten, hieß es im Umweltministerium.

Mindestens zehn NRW-Städte sind - teils noch sehr deutlich - vom erlaubten Grenzwert für das gesundheitsschädliche Stickstoffdioxid (NO2) entfernt. Das geht aus einer Zwischenbilanz des Umweltbundesamts (UBA) für 2018 hervor. Stickstoffdioxid in Städten stammt zu einem großen Teil aus Diesel-Abgasen. Damit werden auch Fahrverbote begründet. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) führt Gerichtsverfahren für saubere Luft in 14 Städten in NRW. Wegen der vielen Verfahren wurde im Ministerium eine eigene Koordinierungsstelle mit vier Juristen gebildet.

Ob das gerichtlich angeordnete Fahrverbot auf der vielbefahrenen Autobahn A40 in Essen gültig ist, will die schwarz-gelbe Landesregierung in Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium durch ein Rechtsgutachten klären lassen. Es sei unklar, ob eine Bundesautobahn überhaupt in den Luftreinhalteplan einer Bezirksregierung einbezogen werden dürfe, sagte Heinen-Esser. Gegen ein Fahrverbot auf der Autobahn könnte laut Ministerium auch das Europarecht sprechen.

Die Landesregierung setzt außerdem auf Maßnahmen wie Elektrobusse, Park & Ride-Parkplätze und Umweltspuren, mit denen die Städte die Stickstoffdioxid-Werte senken sollen. In Düsseldorf tritt am Freitag der neue Luftreinhalteplan in Kraft, der erstmals an besonders belasteten Straßen Umweltspuren für Busse, Fahrräder und Elektroautos vorsieht. Für Köln soll laut Ministerium bis Anfang kommender Woche der Entwurf des neuen Luftreinhalteplans vorgelegt werden. In diese Pläne müssen die Bezirksregierungen die Maßnahmen der Städte einschreiben.

Insgesamt hat die Luftbelastung durch Diesel-Abgase laut UBA-Bilanz 2018 leicht abgenommen - im Mittel der verkehrsnahen Messstationen um etwa zwei Mikrogramm pro Kubikmeter. Das gilt auch für die meisten der genannten NRW-Städte. Gründe für den Rückgang sind laut UBA Tempolimits, Verkehrsbeschränkungen, mehr neue Autos, Software-Updates zur besseren Abgasreinigung bei älteren Diesel, aber auch das Wetter.

Nach Angaben des NRW-Umweltministeriums könnten die N02-Grenzwerte mit Fahrverboten bis zu zwei Jahre früher eingehalten werden. Allerdings will die Landesregierung die Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten prüfen, wenn es nicht gelingt, durch andere Maßnahmen die Grenzwerte fristgerecht einzuhalten. In Großstädten würden bei Fahrverboten „Hunderttausende Menschen an der Einfahrt gehindert“, sagte Heinen-Esser. In Köln wäre es gar nicht möglich, alle Pendler mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt zu befördern. Auch die wirtschaftlichen Folgen wären nicht absehbar.

Wie aus der vorläufigen UBA-Bilanz hervorgeht, wurde der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel 2018 in folgenden Städten überschritten: Köln (59), Düsseldorf (53), Dortmund (51), Hagen (50), Oberhausen (46), Wuppertal (45), Aachen (43), Gelsenkirchen (46), Leverkusen (43) und Essen (42).

Unter den vier deutschen Städten, die den Grenzwert neuerdings nicht mehr überschreiten, ist mit Solingen (von 41 auf 35) auch eine in NRW. Dortmund verschlechterte sich um ein Mikrogramm auf 51 und gehört damit wie Köln und Düsseldorf zum Kreis der „Intensivstädte“ mit NO2-Grenzwerten über 50 Mikrogramm.

(dpa)
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