Zweistelliger Millionenbetrag Schaden 2019 NRW-Landesregierung soll mehr für Prävention gegen Senioren-Abzocke tun

Düsseldorf · Enkeltrick und falsche Polizisten: CDU und FDP wollen mehr Aufklärung über Maschen. Dazu sollen auch Banken, Krankenkassen, Ärzte und Telefonanbieter eingebunden werden.

 Zwar hat laut den Experten nur ein kleiner Teil der telefonischen Betrugsmaschen Erfolg, dennoch erbeuteten die Täter hohe Summen.

Zwar hat laut den Experten nur ein kleiner Teil der telefonischen Betrugsmaschen Erfolg, dennoch erbeuteten die Täter hohe Summen.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Für die Ermittler in NRW sind die aktuellen Zahlen niederschmetternd: Allein in den ersten drei Quartalen 2019 erbeuteten hierzulande Betrüger als falsche Polizisten sowie mit dem  Enkeltrick mehr als 13,5 Millionen Euro von älteren Menschen – und dies sind nur die bekannt gewordenen Fälle. Dabei warnt die Polizei seit Jahren vor den bekannten Maschen. Jetzt schaltet sich auch die Politik im Landtag ein: CDU und FDP wollen die Landesregierung beauftragen, mehr für die Prävention zu tun. Dazu sollen auch Banken, Krankenkassen, Ärzte und Telefonanbieter eingebunden werden.

Allein mit dem Enkeltrick, bei dem eine Notlage in der Familie vorgetäuscht wird, machten Kriminelle 2018 bei 210 vollendeten Taten in NRW mehr als drei Millionen Euro Beute – bei 2614 Versuchen kamen sie hingegen nicht zum Erfolg. „Wie groß das Dunkelfeld von nicht angezeigten Anrufen – und wahrscheinlich auch vollendeten Taten – ist, kann nicht bewertet werden“, erklärt ein Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA). Denn oftmals schämen sich die Opfer im Nachhinein dafür, auf die Betrugsmasche hereingefallen zu sein, und schweigen. Im vergangenen Jahr waren die Fallzahlen erneut hoch: Allein bis Ende September gab es demnach 160 vollendete Taten mit bereits mehr als 2,4 Millionen Euro Schaden.

Sogar eine deutliche Steiger­ung dürfte es bei der Masche mit falschen Polizisten geben. Dabei werden Senioren – meist aus Callcentern im Ausland – angerufen und ihnen so lange Angst vor einer bevorstehenden Straftat eingeredet, bis diese ihr Hab und Gut an einen Boten übergeben, um es vermeintlich in Sicherheit bringen zu lassen. Bei einem aktuellen Fall in Hessen penetrierten die Täter einen Rentner über mehrere Wochen mit Anrufen und Bedrohungsszenarien, bis er ihnen sein gesamtes Vermögen in Höhe von rund 700 000 Euro aushändigte.

Falsche Polizisten erbeuten 2019 zweistelligen Millionenbetrag

Hinter der Masche, so warnt das LKA immer wieder, stecken hochprofessionelle und international vernetzte Banden. 2018 erbeuteten sie bei 289 Taten insgesamt fast 12,4 Millionen Euro – in den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres verzeichnete die NRW-Polizei bereits 284 Fälle mit 11,2 Millionen Euro Beuteschaden.

Immerhin: Bei diesen Betrügereien führt nur ein Minimum der Versuche zum Erfolg – 2017 lag die Quote der Kontaktaufnahmen, bei denen Täter abblitzten, bei 96,78 Prozent, 2018 sogar bei 98,35 Prozent. Beim LKA heißt es, die vielschichtigen Präventionsmaßnahmen der Polizei sowie die Berichterstattung in den Medien scheine zu greifen.

Trotzdem wollen CDU und FDP im Landtag die Vorbeugung in NRW noch verstärken. „Da geht, glaube ich, noch mehr“, erklärt FDP-Innenpolitiker Marc Lürbke. An diesem Mittwoch wird im Plenum ein gemeinsamer Antrag eingebracht, mit dem die Landesregierung beauftragt werden soll, finanzielle Mittel bereitzustellen. Die vorhandenen Projekte der Polizei sollen ausgebaut und koordiniert werden. Die Landesregierung soll aber auch neue Partner finden – etwa über die kassenärzt­lichen Vereinigungen und Apothekerkammern, deren Mitglieder bei Senioren als Multiplikatoren dienen könnten. Auch die Zusammenarbeit mit den Kreditinstituten, sagt Lürbke, müsse weiter verstärkt werden, um sicherzustellen, dass wirklich jeder Mitarbeiter am Schalter sensibilisiert ist, wenn ein älterer Mensch dort viel Bargeld abheben will. Selbst mit den Telefonanbietern solle geprüft werden, ob deren Warteschleifen für Warnhinweise genutzt werden können.

„Es geht um einen Rundumschlag“, so Lürbke. Die Fälle machten über Parteigrenzen hinweg betroffen, weshalb er ausdrücklich eine Einladung zur Beteiligung an die anderen Fraktionen im Parlament aus­sprach: „Wenn noch jemand gute Ideen hat: sehr gerne.“ Jede dieser perfiden Taten sei zu viel.

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