Justizminister im Gespräch NRW kämpft im Bundesrat für mehr beschleunigte Gerichtsverfahren

Düsseldorf · Mehr als 2100 Schnellverfahren gab es in NRW 2018. Justizminister will längere U-Haft bis zur Verhandlung erreichen.

 Justizminister Peter Biesenbach (CDU) will mehr Schnellverfahren ermöglichen, indem Beschuldigte länger in U-Haft bleiben können.

Justizminister Peter Biesenbach (CDU) will mehr Schnellverfahren ermöglichen, indem Beschuldigte länger in U-Haft bleiben können.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Beschleunigte Gerichtsverfahren gelten insbesondere in den Großstädten in NRW als Weg, einen Kriminellen sofort aus dem Verkehr zu ziehen und die Strafe auf dem Fuße folgen zu lassen. Mehr als 2100 Mal wurde das Schnellverfahren 2018 angewendet. Noch nicht genug, wenn es nach Justizminister Peter Biesenbach (CDU) geht. Im Interview mit dieser Zeitung kündigt er eine Bundesratsinitiative an, die einen Ausbau des bewährten Instruments ermöglichen soll.

Das Schnellverfahren eignet sich laut Justizministerium, wenn der Beschuldigte ein Erwachsener oder Heranwachsender ist, der Sachverhalt simpel, die Beweislage eindeutig ist – und wenn eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr verhängt werden soll. Das Instrument gibt es schon seit 1994. Bei der nordrhein-westfälischen Justiz erfreut es sich dennoch in der jüngsten Vergangenheit steigender Beliebtheit: So gab es 2016 1987 Anträge für Schnellverfahren, 2017 waren es 2023, im vergangenen Jahr dann 2129.

Wie Biesenbach im Interview erläutert, war das Instrument gerade an Karneval „wieder ein Riesenerfolg“. So seien Täter, die am Altweiberdonnerstag Straftaten wie sexuelle Nötigung begangen hatten, über die tollen Tage in U-Haft gewesen und an Aschermittwoch bereits verurteilt. „Das beeindruckt die Täter und stärkt das Vertrauen der Geschädigten“, so der Justizminister.

Und: In den meisten Fällen akzeptiere der Verurteilte die richterliche Entscheidung sofort, ohne Rechtsmittel einzulegen – diese wird somit rascher rechtskräftig. Auch vor Ort bewertet man das Instrument positiv, es werde „seit Jahren sehr erfolgreich“ angewandt, sagt etwa ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln auf Nachfrage.

Allerdings, heißt es vom Ministerium, habe sich die ursprüngliche Erwartung bei der Einführung des Schnellverfahrens, es werde die Strafjustiz entlasten, nicht erfüllt. Denn es sei relativ hoher logistischer Aufwand in kurzer Zeit zu betreiben.

Die Beschuldigten dürfen im beschleunigten Verfahren maximal eine Woche festgehalten werden. Biesenbach will nun über eine Bundesratsinitiative erreichen, dass diese Zeit auf zwei Wochen ausgedehnt wird. Damit, so die Hoffnung, könnten noch mehr Straftäter unmittelbar nach der Tat hinter Gitter und von dort vor Gericht kommen.

Neue Kritik aus der Opposition am Justizminister

Im Interview äußert sich Biesenbach auch erstmals zu den Rücktrittsforderungen aus der Opposition, die seit dem Brand in der JVA Kleve und dem Tod eines dort unschuldig inhaftierten Syrers erhoben wurden. Am Montag gab es nach längerer Feuerpause neue Kritik: Das Justizministerium hatte ein Auswahlverfahren für das Amt des Präsidenten des Landessozialgerichts offen halten wollen, um die Bewerbung eines Vorsitzenden Richters am Bundessozialgericht noch einzubeziehen – dies hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gestoppt. Die Grünen sprechen von „einer herben Niederlage“ und einem „Armutszeugnis“ für Biesenbach.

>>>Das Interview mit Peter Biesenbach: HIER KLICKEN

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