NRW-Finanzminister Walter-Borjans: „Nicht alles kann bezahlt werden“

Düsseldorf. NRW-Finanzminister Walter-Borjans kündigt im Interview mit der WZ einen Sparkurs an und will die Neuverschuldung reduzieren.

Herr Walter-Borjans, die Steuerquellen sprudeln: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?

Walter-Borjans: Wir stecken jeden zusätzlichen Euro, den wir gegenüber unserem Etatansatz einnehmen, in die Reduzierung der Neuverschuldung für 2011.

Wie viel ist das?

Walter-Borjans: Das steht erst am Jahresende fest. Klar ist schon jetzt, dass die Einnahmen gut sind, wahrscheinlich besser als kalkuliert. Wir haben für das gesamte Jahr Steuereinnahmen von 40,2 Milliarden Euro angesetzt und haben im ersten Halbjahr 20,8 Milliarden Euro eingenommen. Man darf das Aufkommen zwar nicht einfach verdoppeln, aber der Trend ist positiv.

Wird es gelingen, die Verfassungsgrenze einzuhalten?

Walter-Borjans: Einspruch. Wir haben mehr Schulden eingeplant als wir investieren, weil das wirtschaftliche Gleichgewicht in diesem Jahr wegen der Spätfolgen der Finanzkrise noch gestört ist. Das lässt die Verfassung ausdrücklich zu. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir statt der geplanten 4,8 Milliarden Euro Neuverschuldung in der Nähe der Investitionssumme von 3,9 Milliarden Euro landen würden.

Wie sehen die Eckdaten für den Etat 2012 aus?

Walter-Borjans: Wir werden wohl die Einnahmen aus dem Rekordjahr 2008, also dem sehr guten Jahr vor der Krise, erreichen. Doch die Zeit hat sich weitergedreht: Die Pensionskosten steigen jährlich um 300 Millionen Euro, die Gehälter im Öffentlichen Dienst sind gestiegen. Wir werden aber einen verfassungsgemäßen Haushalt ohne Störungsannahme vorlegen.

Wo wird gespart?

Walter-Borjans: In allen Bereichen, ohne Tabus. Es geht um rund 770 Millionen Euro. Das ist viel Geld.

Sie sagen, es gebe keine Tabus. Also wird bei der Bildung gespart?

Walter-Borjans: Bildung und Betreuung sind die Schwerpunkte der rot-grünen Koalition. Aber auch hier müssen wir, wo immer möglich, Kosten senken.

Sehen Sie Chancen, in der Legislaturperiode ein weiteres Kindergartenjahr beitragsfrei zu stellen?

Walter-Borjans: Auch für gute Projekte gilt: Es kann sein, dass sich im Laufe einer Legislaturperiode herausstellt, dass manch’ Wünschenswertes erst später zu finanzieren ist.

Die Pensionskosten explodieren. Was unternehmen Sie dagegen?

Walter-Borjans: Das Land hat dafür Rücklagen gebildet. Wir können nicht verhindern, dass die Pensionslasten von heute 5,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2029 auf 7,8 Milliarden Euro steigen. Danach wird es deutlich weniger.

Die Schuldenbremse schreibt vor, dass ab 2020 keine Schulden mehr gemacht werden dürfen. Wie soll das gelingen?

Walter-Borjans: Wir tragen unseren Teil zum Konsolidierungskurs durch Einsparungen bei. Wichtig sind aber noch andere Faktoren: nämlich, dass die Konjunktur für genug Steuereinnahmen sorgt und dass der Bund uns nicht weitere Lasten aufbürdet oder Steuergeschenke verteilt. Dafür gibt es keine Spielräume.

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