NRW-Etat verfassungswidrig - CDU droht mit Neuwahl

Düsseldorf. Die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen hat die Verfassungsklage gegen die hohe Neuverschuldung in ihrem Nachtragsetat 2010 verloren. Nach ihrem Sieg vor dem höchsten Gericht des Landes droht die CDU-Opposition nun, auch den Haushalt 2011 zu beklagen.

In dem Fall wollen die Christdemokraten zeitgleich die Auflösung des Düsseldorfer Landtags beantragen. Das kündigte der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Josef Laumann, am Dienstag in Düsseldorf an.

Die CDU wolle eine eventuelle neue Haushaltsklage nach der für Mai vorgesehenen Verabschiedung des Haushalts 2011 im Parlament eingehend prüfen. Neuwahlen wären theoretisch noch vor der Sommerpause im einwohnerstärksten Bundesland möglich.

Das Landesverfassungsgericht in Münster hatte den Nachtragsetat 2010 zuvor wegen zu hoher Schulden für verfassungswidrig erklärt. Die Richter gaben damit einer Klage der Landtagsfraktionen von CDU und FDP statt.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) reagierte gelassen auf die Entscheidung des Gerichts. Aus dem Urteil ergäben sich „nach einer ersten Einschätzung keine direkten Folgen“ für den Haushalt 2011, sagte sie in Düsseldorf. Die Landesregierung gehe unverändert davon aus, dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht auch jetzt noch gestört sei und die Schuldenaufnahme die übliche Obergrenze überschreiten dürfe.

Nach Krafts Reaktionen auf das Urteil habe er den Eindruck, dass sie „weiterhin vorsätzlich Verfassungsbruch begehen wird“, sagte Laumann. Für die kommende Woche wollen die Landtagsfraktionen von CDU und FDP eine Sondersitzung des Parlaments beantragen, um Konsequenzen aus dem Urteil zu erörtern.

CDU-Landeschef und Bundesumweltminister Norbert Röttgen sieht in der Neuwahl-Debatte die Ministerpräsidentin am Zug. Kraft müsse sich zu dem „Scherbenhaufen“ ihrer rot-grünen Minderheitsregierung bekennen und jetzt einen verfassungsgerechten Haushalt für das laufende Jahr vorlegen, sagte Röttgen in Berlin. „Wenn sie das nicht schafft, sind Neuwahlen unvermeidlich.“ Auch die FDP forderte einen verfassungskonformen Etat und eine Kehrtwende in der Haushaltspolitik, drohte aber nicht mit konkreten Konsequenzen.

Kraft ließ offen, ob auch die SPD-Fraktion eine Auflösung des Landtags beantragen will, falls die Opposition gegen den Etat 2011 klagt. „Das werden wir in Ruhe abwarten“, sagte sie. Fraktionschef Norbert Römer hatte angekündigt, bei einer erneuten Klage Neuwahlen anzustreben. Das Landesparlament kann sich jederzeit mit absoluter Mehrheit auflösen.

Die Linke, die derzeit als Mehrheitsbeschaffer für Rot-Grün fungiert und bei einer Neuwahl, wie die FDP, um ihren Wiedereinzug ins Parlament bangen müsste, warnte vor diesem Schritt. „Wiederholungswahlen sind keine Lösung“, bekräftigte die Partei- und Fraktionsspitze in einer gemeinsamen Erklärung. „Wir fragen mit Bert Brecht: "Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?".“

Das Verfassungsgericht legte in seiner Urteilsbegründung strenge Maßstäbe für eine Störung des wirtschaftliche Gleichgewichts an. Die Landesregierung habe keine plausiblen Gründe angeführt, weshalb zur Abwehr einer Störungslage die Schulden erhöht werden müssten, sagte Gerichtspräsident Michael Bertrams. Es reiche nicht aus, auf weiterbestehende Risiken zu verweisen.

Mit dieser Entscheidung habe das Gericht „hohe Hürden für die Darlegung der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts anlegt“, sagte Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen. „Dies müssen wir sehr ernst nehmen.“

Mit Unterstützung der Linken hatten SPD und Grüne die Neuverschuldung per Nachtragshaushalt auf die Rekordhöhe von 8,4 Milliarden getrieben. „Ich sage voraus, dass der Haushalt 2010 ohne einen Nachtrag der neuen Regierung enden wird mit einer Verschuldung unter 5 Milliarden Euro“, sagte Laumann. Damit habe die Klage eine enorme Einsparung bewirkt.

Die rot-grüne Landesregierung hatte allein 1,3 Milliarden Euro der neuen Kredite als zusätzliche Rücklage für die angeschlagene WestLB vorgesehen. Wenn sie aufgelöst werden müsse, „werden die Folgelasten spätestens den Haushalt 2012 mit voller Wucht treffen“ warnte Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).

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