Norbert Röttgen ist der neue Hoffnungsträger der NRW-CDU

Union: Doch in der Partei offenbaren sich offene Brüche. Für den neuen Chef gibt es ernste Mahnungen.

Bonn. Falls Norbert Röttgen dachte, er würde sich mit dem Amt des CDU-Landesvorsitzenden um einen einfachen Job bewerben, wurde er schnell eines besseren belehrt. "Selbst wenn die Provinz nur Durchgangsstation ist, muss man die Provinz ernst nehmen", schrieb ihm Andreas Krautscheid, sein langjähriger Freund und nunmehriger innerparteilicher Gegner, ins Stammbuch. Krautscheid will unter Röttgen nicht mehr Generalsekretär sein, das wird Oliver Wittke. Den bezeichnete Krautscheid als Bock, der zum Gärtner gemacht werde.

Es gibt also offene Brüche in der NRW-CDU, die die Umstände des Machtverlusts im Mai offenkundig noch nicht richtig verarbeitet hat. Röttgen beschwor deswegen in seiner Bewerbungsrede die Idee von einem Neuanfang. "Das werden wir schaffen. Wir werden wieder regierungsfähig sein, und wir werden wieder regieren", rief er den mehr als 640 Delegierten zu.

Im Mittelpunkt seiner Rede stand das Bemühen, die CDU als Partei der Entscheider zu positionieren - ein Ton, den Kanzlerin und Bundesparteichefin Angela Merkel ebenfalls auf dem Landesparteitag anschlug. "Die anderen ducken sich weg. Wir stehen aber zu dem Beschlossenen und setzen uns dafür ein", sagte Röttgen . Vor dem Hintergrund von Stuttgart 21 und dem Kohlekraftwerk in Datteln forderte Merkel auch die Kommunalpolitiker auf, zu Industrieprojekten zu stehen. "Sonst glauben uns die Leute nicht, wenn wir mit verschiedenen Stimmen reden", so Merkel. Worte, die weder die CDU in Datteln noch die im Kreis Mettmann gerne hören wird, ist man dort doch massiv gegen die geplante CO-Pipeline.

Doch Landespolitik kam bei Röttgen wenig vor. Am stärksten war seine Attacke gegen die rot-grüne Haushaltspolitik der Minderheitsregierung: "Außer Schuldenmachen fällt Frau Kraft nichts sein."

Die Delegierten nahmen seinen Auftritt sehr gut auf, die Sehnsucht nach dem Neuen war recht groß. Der Neue verkaufte den Wechsel gut, bezog sich in seiner Rede immer wieder auf seinen Vorgänger Jürgen Rüttgers. Der saß neben Norbert Blüm und freute sich sichtlich über das Lob, auch wenn Röttgen nicht unbedingt sein Favorit für die Nachfolge war. In seiner Abschiedsrede mahnte Rüttgers seine Partei, sie dürfe nie das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft als Kompass verlieren. "Wir haben bewiesen, dass wir regieren können. Und wir werden wieder regieren", sagte Rüttgers.

Bis es soweit ist, kommt noch eine Menge Arbeit auf Röttgen zu. Einer der drei Rechnungsprüfer verweigerte sein Plazet für die Bilanz. Ein Loch von mehr als einer Million Euro in der Kasse, unklare Verträge über Dienstwagen, Einkommensteuernachzahlungen nach einer Sonderprüfung durch das Finanzamt: "Da habe ich mich geschämt", sagte Rechnungsprüfer Michael Mahr.

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