Nokia: Buhrufe zur Rekordbilanz

Während in Helsinki Supergewinne verkündet werden, gehen in Bochum die bedrohten Arbeiter auf die Barrikaden.

Bochum/Helsinki. Milliardengewinn in Helsinki, Angst vor Hartz IV vor dem kalten Werkstor in Bochum: Mit Pfiffen, Buhrufen und hilfloser Wut haben die vor dem Aus stehenden Bochumer Mitarbeiter auf die Rekordbilanz des Handy-Weltmarktführers Nokia reagiert. "7,2 Milliarden Reinerlös - damit könnten die über 100 Jahre unsere Lohnkosten zahlen", ruft die Betriebsratsvorsitzende Gisela Achenbach gestern bei einer "alternativen Bilanz-Pressekonferenz". "Wir haben doch 15 Prozent Rendite gemacht, wir sind wettbewerbsfähig", sagt die IG-Metall-Frau Ulrike Kleinebrahm - und es klingt eher trotzig und ratlos als kämpferisch.

Dass ein Werk mit Millionenbeträgen modernisiert worden ist, unter Volllast mit Sonntagsschichten arbeitet, hohe Gewinne erwirtschaftet, demnächst sogar Boni an die Mitarbeiter zahlt und dennoch komplett geschlossen werden soll - diese Logik der Globalisierung leuchtet den Nokianern nicht ein, zumal Konzernchef Olli-Pekka Kallasvuo (54) fast zur selben Zeit in Helsinki von einem auf 40 Prozent gestiegenen Marktanteil und traumhaften Renditen berichtet.

Bochums Nokianer bezweifeln, dass Rumänien wirklich so viel billiger sein wird. Wenn die nötigen Fachkräfte dort knapp würden, müsse Nokia auch dort deutlich höhere Löhne zahlen, sagen die Betriebsräte. Und dass in Bochum die Produktionskosten um 23 Prozent gestiegen sein sollen, glaube sie auch nicht. "Wir haben hier jedenfalls nicht 23 Prozent mehr bekommen", ruft Kleinebrahm unter großem Beifall.

Solidarität Die Bonner Stadtverwaltung will aus Solidarität mit den Beschäftigten des Bochumer Nokia-Werkes die finnischen Handys gegen Mobiltelefone anderer Marken tauschen. Weitere 400 Nokia-Mobiltelefone wollen die Bonner Stadtwerke eintauschen.

Image Die Schließung des Werkes in Bochum könnte dem Image von Nokia schaden. Nach einer "stern"-Umfrage meinen 68 Prozent der Befragten, dass das Ansehen Schaden genommen habe. 56 Prozent wollen die Marke Nokia meiden.

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