Alternative für Deutschland Neue AfD-Spitzen aus dem Brüter

Auf dem Landesparteitag in Kalkar gibt sich die NRW-AfD mit den Landtagsabgeordneten Thomas Röckemann und Helmut Seifen eine veränderte Führung.

Alternative für Deutschland: Neue AfD-Spitzen aus dem Brüter
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Düsseldorf/Kalkar. Als Helmut Seifen im Juni dieses Jahres als Schulleiter des Werner-von Siemens-Gymnasium in Gronau verabschiedet wurde — der Mann war gerade für die AfD in den Landtag in NRW gewählt worden —, ging er mit einer Begründung seines politischen Wirkens: Das, was er jetzt tue, so der 64-Jährige, motiviere sich aus den gleichen Quellen wie seine bisherige Arbeit als Lehrer und Schulleiter: „Meinen Überzeugungen und Erkenntnissen, die ich aus dem Studium des Menschen und seiner Geschichte gewonnen habe.“ Und die Kollegin von der Bezirksdirektoren-Konferenz sagte an den Ex-CDU-Mann Seifen gerichtet: „Wir wünschen dir einen neuen Lebensabschnitt, auf den du später einmal mit Stolz zurückblicken kannst.“

Spätestens seit Samstag steht das auf der Probe: Seifen (64) bildet nach seiner Wahl (mit 57 Prozent der Anwesenden) auf dem Landesparteitag der AfD im Freizeitpark Kalkar auf dem ehemaligen Gelände des „schnellen Brüters“ mit Thomas Röckemann (52, mit 53 Prozent) das neue Führungsduo der AfD in Nordrhein-Westfalen — als so genannte Vorstandssprecher. Auch, weil die Delegierten vorher weiter für diese Doppelspitze votiert hatten und nicht zuletzt deshalb Bundestagsmitglied Martin Renner sich von allen Führungsabsichten zurückzog.

Renner hatte mit dem dann abtrünnig gewordenen Marcus Pretzell die AfD-Doppelspitze gebildet und zeichnete nun im niederrheinischen Kalkar ein düsteres Bild der AfD, sprach von konkurrierenden Gruppierungen und Gegnern in der Partei: „Stehen wir heute zum Zeitpunkt des Triumphes eigentlich zusammen in der AfD? Ich glaube, nicht ohne Wenn und Aber“, sagte der 63-Jährige. „Es steht nicht zum Besten. Es gibt eine ungebrochene Kraft an Destruktion aus den eigenen Reihen.“ Er wolle nicht mehr zu den Strippenziehern gehören und ziehe sich in „innere Emigration“ zurück.

Wie sehr die Partei gespalten ist zwischen Gemäßigten und Radikalen, zeigten Stimmung und Wahlverhalten gleichermaßen: Mit Röckemann übernimmt ein Rechtsanwalt aus Minden vom nationalkonservativen Flügel. Ein Renner-Mann — und Pretzell-Gegner. Zuletzt war er Pretzell bei der Wahl zum Spitzenkandidaten für die NRW-Landtagswahl unterlegen. Um die AfD in NRW nicht vollends gen Rechts kippen zu lassen, musste eben jener Ex-Deutsch- und Geschichtslehrer Seifen — der als Gemäßigter gilt — zu einer umstrittenen Wahlrede in Nazi-Diktion ausholen. In der er auch voraussagte, der SPD werde mit Martin Schulz’ Vorhaben von den Vereinigten Staaten von Europa das gelingen, „was zwei Weltkriege nicht geschafft hätten: Deutschland zu zerstören“.

Dass dem alten Vorstand vorgeworfen wurde, er habe im NRW-Wahlkampf eine halbe Million Euro veruntreut, endete damit, die Entlastung auf das nächste Jahr zu verschieben. In ein Jahr, das darüber entscheiden wird, wie sich die endgültig zu kippen scheinende AfD entwickeln wird.

Interessant: Trotz der Wahlerfolge der Partei in Land und Bund sei die Entwicklung der Mitgliederzahl hinter den Erwartungen zurückgeblieben, berichtete der Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion, Andreas Keith. Man habe eigentlich „mit deutlich mehr Mitgliedsanträgen gerechnet“.

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