Schärfere Gesetze versprochen Nach Kindesmissbrauch auf Campingplatz in Lügde - Kommen höhere Strafe?

Düsseldorf · Familienminister Joachim Stamp (FDP) will nach den Taten auf dem Campingplatz in Lügde auch die Jugendämter besser unterstützen.

 Auf dem Campingplatz im Kreis Lippe waren Kinder für Pornodrehs missbraucht worden. Drei Tatverdächtige sitzen in Untersuchungshaft.

Auf dem Campingplatz im Kreis Lippe waren Kinder für Pornodrehs missbraucht worden. Drei Tatverdächtige sitzen in Untersuchungshaft.

Foto: dpa/Guido Kirchner

Kurz holte Joachim Stamp Luft, dann stellte der NRW-Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und noch dazu  Familienvater von zwei Mädchen eine Initiative der Landesregierung vor, die zuerst gar nicht in seiner direkten Zuständigkeit liegt: Als Konsequenz aus dem jahrelangen und erschütternden Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz in Lügde hat sich die NRW-Landesregierung für schärfere Gesetze ausgesprochen. Es müsse geprüft werden, so Stamp, die Mindeststrafe bei sexuellem Missbrauch von Kindern von derzeit einem halben Jahr auf mindestens ein Jahr heraufzusetzen, sagte Familienminister Joachim Stamp (FDP) am Montag in Düsseldorf.

Die zuständige Staatsanwaltschaft strebt in dem Fall einen Prozess gegen die drei Verdächtigen bereits im Frühsommer an. Ziel sei es, „stringent durchzuermitteln“ und eine Anklage so frühzeitig fertigzustellen, dass das zuständige Gericht möglichst im Juni eine Hauptverhandlung ansetzen könne, sagte der Detmolder Oberstaatsanwalt Ralf Vetter. Laut Stamp soll Kindesmissbrauch künftig immer als „Verbrechen“ eingestuft werden und nicht als „Vergehen“. Angesichts auch des Konsums von Kinderpornografie im Internet müsse klar werden, dass die Gesellschaft sexuellen Missbrauch „nicht achselzuckend hinnimmt“, sagte der Minister.

Zwei Männer aus Nordrhein-Westfalen im Alter von 56 und 33 Jahren sollen auf dem Campingplatz nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen mindestens 29 Kinder im Wechsel gefilmt und missbraucht haben. Ein dritter Mann aus Stade soll als Auftraggeber aufgetreten sein. Schon im Jahr 2016 hatte es nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hinweise auf Kindesmissbrauch gegeben, denen die Polizei nicht nachgegangen war. Vetter zufolge wird auch gegen zwei Polizisten ermittelt - wegen des Verdachts der Strafvereitelung.

Bei den Opfern handelt es sich nach Angaben der Polizei im Bielefeld um 26 Mädchen und drei Jungen. Sie alle seien zur Tatzeit zwischen vier und 13 Jahre alt gewesen. Ein Polizeisprecher sagte, auch gegen Jugendämter in Lippe werde strafrechtlich ermittelt. Details dazu – auch um wie viele Amtsträger es sich handelt  – gab es zunächst nicht. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte „Behördenversagen an allen Ecken und Kanten“ gerügt. Stamp forderte eine vollständige Aufklärung der erschütternden Straftaten von Lügde. „Es hat Behördenversagen gegeben“, stellte auch der FDP-Politiker klar.

Über die Rolle der Jugendämter müsse ebenfalls gesprochen werden. „Wir müssen versuchen, dass wir so etwas Ungeheuerliches nicht mehr erleben.“ Die Regierung erwäge, einen Landesbeauftragten gegen sexuelle Gewalt an Kindern zu berufen oder eine beratende Kommission von Kommunen und Land einzusetzen, sagte Stamp. Die Präventionsmaßnahmen für Kinder und Familien in prekären Situationen müssten neu justiert werden.

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