Nach den Krawallen: Politik ringt um richtigen Kurs gegen Hooligans

Ein Bündnis der Gewalt marschierte zur Straßenschlacht. Nach dem Krawall von Köln reagiert die Politik: Die Forderungen reichen von „Keine Panik“ bis „Verbieten!“

Gewaltbereite Demonstranten in Köln werfen ein Polizeiauto um.

Gewaltbereite Demonstranten in Köln werfen ein Polizeiauto um.

Foto: Thilo Schmülgen

Düsseldorf/Köln/Berlin (dpa). Politik und Sicherheitsbehörden wollen einem gewalttätigen Bündnis von Hooligans und Rechtsextremisten entschlossen entgegentreten. Nach den massiven Ausschreitungen am Sonntag in Köln sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): „Wer Gewalt in Deutschlands Städte trägt, der muss mit allen Mitteln des Rechtsstaats verfolgt und bestraft werden.“

Hooligans und rechtsextreme Schläger hatten sich in Köln Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Die rund 1300 Beamten gingen daraufhin mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Reizgas gegen Krawallmacher vor. 49 Beamte waren bei dem Aufmarsch verletzt worden, der sich offiziell gegen radikal-islamischen Salafismus richtete. Die Polizei zeigte Dutzende Verdächtige an.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach sich am Montag für ein Verbot derartiger Demonstrationen aus. „Das war keine politische Demonstration, da wurde eine Plattform für Gewalt geschaffen“, sagte er. „Wir müssen die Verwaltungsgerichte überzeugen, solche Veranstaltungen künftig zu verbieten.“ Von Behörden verhängte Verbote sind schon häufig von Gerichten unter Hinweis auf das weitreichende Demonstrationsrecht wieder aufgehoben worden.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) prangerte an, dass sich die Gewalt vor allem gegen Polizei, Rettungskräfte und Medien gerichtet habe. „Solchen Exzessen mit Ansage müssen und werden wir mit aller Härte entgegentreten. Das hat mit Demonstrationsfreiheit nichts mehr zu tun und sollte dementsprechend untersagt werden.“

Für den Aufmarsch am Dom mitten in Köln, zu dem nach Angaben der Polizei 4800 Teilnehmer kamen, hatte auch die Bewegung „Hooligans gegen Salafismus“ mobilisiert. Diese vor allem über das Internet organisierte Bewegung umfasst Fangruppen, die sich sonst eigentlich bekämpfen, wie NRW-Verfasssungsschutz-Präsident Burkhard Freier am Montag im WDR erläuterte. Ihnen angeschlossen hätten sich gewaltbereite Rechtsextremisten, auch Parteimitglieder von NPD und Die Rechte, sagte Freier. Etwa zehn Prozent der Kundgebungsteilnehmer rechnete der Staatsschutz bei der Kölner Polizei der rechten Szene zu.

Bei der Staatsanwaltschaft gingen nach Angaben eines Sprechers allein 57 Anzeigen der Kölner Polizei ein, unter anderem wegen Körperverletzung und Landfriedensbruchs. Weitere Anzeigen kamen von der Bundespolizei, die für den Einsatz am Hauptbahnhof neben dem Dom zuständig war. Insgesamt wurden 17 Verdächtige festgenommen, aber auch wieder freigelassen. Haftbefehle gab es nicht.

Der NRW-Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, sprach angesichts des Zusammenschlusses von Hooligans und Rechtsextremisten von einer neuen Qualität der Gewalt. Es sei erschreckend, welchen Zulauf die „Hooligans gegen Salafisten“ hätten, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Experten teilen diese Einschätzung. So bezeichnete Bernd Wagner vom Exit-Programm für Aussteiger aus der rechten Szene die „Hooligans gegen Salafisten“ als „gefährliches Sammelbecken“: Neben gewaltbereiten Fußballfans mischten Neonazis, Autonome Nationalisten oder auch Die Rechte mit, sagte er der dpa. Die Berliner Grünen-Abgeordnete und Rechtsextremismus-Expertin Clara Herrmann stellte fest, es gebe zwei kritische Trends: Die Zahl der Hooligans wachse und die der Neonazis unter ihnen auch. „Und sie suchen gezielt die Gewalt außerhalb ihrer Kreise.“

Die Bundesregierung verfolgt die jüngsten Ausschreitungen „mit Aufmerksamkeit und Sorge, aber ohne Angst oder Panik“. Es seien gewisse Tendenzen zu erkennen, aber man könne bei der recht jungen Entwicklung wohl noch nicht von einer „neuen Qualität“ sprechen, machte ein Sprecher des Innenministeriums deutlich. Man müsse mit Augenmaß schauen, wie sich diese Tendenz weiter entwickle, um dann gegebenenfalls das Notwendige zu veranlassen.

NRW-Innenminister Jäger sprach von einer „neuen Formation“ von Hooligans und Rechtsextremisten. Es habe noch keine rechtliche Handhabe gegeben, den Aufmarsch von vornherein zu verbieten. Er lobte die Polizei, die Schlimmeres verhindert habe.

NRW-Oppositionsführer Armin Laschet (CDU) vertrat die gegenteilige Auffassung: „Mein Eindruck ist, man hat die Lage nicht präzise eingeschätzt“, sagte der CDU-Bundesvize am Montag vor einer CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. Man hätte die Kundgebung „schon im Ansatz untersagen müssen.“

Die NRW-Landesvorsitzenden der Grünen, Mona Neubaur und Sven Lehman, sprachen sich wie Jäger dafür aus, die Möglichkeit eines Verbots solcher Versammlungen zu prüfen. Aber auch der Einsatz der Polizei müsse kritisch nachbereitet werden: „Bürgerinnen und Bürger, vor allem mit Migrationshintergrund, dürfen dieser Gewalt und Hetze nicht schutzlos ausgeliefert sein.“

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