Ministerin: Kein Mobbing

Roswitha Müller-Piepenkötter kündigt im Fall Lichtinghagen weitere Untersuchungen an. Die Gerüchteküche brodelt.

Düsseldorf. "Wir stehen selbst enttäuscht und seh’n betroffen - Den Vorhang zu und alle Fragen offen." Bertolt Brecht mag nicht jedermanns Sache sein, aber sein Epiolog aus "Der gute Mensch von Sezuan" passt zu den Vorgängen um die Bochumer Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen, als seien diese Zeilen eigens dafür geschrieben worden.

Nach fast zehnstündigen Verhandlungen im NRW-Justizministerium über schwere Vorwürfe ihrer eigenen Bochumer Behörde hatte die unbequeme Staatsanwältin vorgeschlagen, aus dem staatsanwaltschaftlichen Dienst auszuscheiden und Richterin an einem Amtsgericht zu werden.

"Es war ihr Vorschlag", bekräftigte Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Voraussichtlich wird die Bochumer Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen Richterin an einem Amtsgericht im Ruhrgebiet werden. Müller-Piepenkötter: "Im Ruhrgebiet gibt es eine relativ große Amtsgerichts-Dichte, da wird es auch einen Platz für Frau Lichtinghagen geben. Umziehen wird sie nicht müssen."

Zu den von der Bochumer Staatsanwaltschaft geäußerten Vorwürfen wollte Müller-Piepenkötter sich nicht im Detail äußern: "Es stehen Dinge im Raum, ohne dass es etwas direkt Greifbares gibt. Deshalb werden die Untersuchungen durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm und auch durch mein Haus fortgesetzt werden." Strafrechtliche Ermittlungen seien dies aber nicht.

Eine Mobbing-Aktion gegen die Staatsanwältin schloss die Ministerin aus: "Darauf habe ich keine Hinweise und schon gar keine Indizien."

Die Opposition bringt die Affäre heute im Landtag zur Sprache. "Entweder ist an den Vorwürfen gegen Frau Lichtinghagen etwas dran - dann dürfte sie nicht mit der Aufgabe einer Amtsrichterin betraut werden", kritisiert beispielsweise der SPD-Abgeordnete Ralf Jäger. "Oder die Vorwürfe sind haltlos und Teil einer Mobbing-Kampagne gegen eine mutige Strafverfolgerin - in diesem Fall hätte sich die Ministerin schützend vor Frau Lichtinghagen stellen müssen."

Unterdessen brodelt die Gerüchteküche, entstehen Verschwörungstheorien. Handfeste Beweise gibt es aber keine. Schon gar nicht für eine angebliche Verschwörung von Mitgliedern des Rotary-Clubs, dem der Chef der Bochumer Staatsanwaltschaft angehört: Die scheitert bereits daran, dass Ex-Postchef Klaus Zumwinkel gar kein Rotarier ist - zumindest steht sein Name nicht im aktuellen Mitgliederverzeichnis.

Auch für die Befürchtung, durch den Weggang von Margrit Lichtinghagen werde es in den anstehenden Verfahren mildere Urteile geben, gibt es keinen Beweis. Im Gegenteil: Lichtinghagen war zwar eine sehr verdiente Mitarbeiterin der Abteilung 35 der Bochumer Staatsanwaltschaft, aber keineswegs die einzige mit Biss. Sie war lediglich diejenige, auf die sich die mediale Aufmerksamkeit konzentrierte.

Auch die bisherige Bilanz der von Lichtinghagen in der Liechtenstein-Affäre zwölf bislang abgeschlossenen Fälle deutet nicht darauf hin, dass ohne sie künftige Verfahren "milder" beurteilt werden: Sie klagte einschließlich des Zumwinkel-Falles zweimal vor Gericht an. Der Zumwinkel-Prozess beginnt am 22. Januar 2009, der andere Fall endete mit einer Bewährungsstrafe und einer Geldauflage in Höhe von 7,5 Millionen Euro. Zehn weitere Fälle stellte Lichtinghagen gegen hohe Geldauflagen ein.

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