Landtag: Blutrache, Heuschrecken und die LEG

Neue Informationen über die Käufer der 92000 Wohnungen rufen die Opposition auf den Plan. Sie spricht von „Strohmännern“.

Düsseldorf. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Helmut Linssen (CDU) musste sich gestern im Landtag fast zwei Stunden lang bohrenden Fragen von SPD und Grünen stellen. Grund sind neue Details über den umstrittenen Verkauf der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) an einen privaten Investor.

Der Vorwurf der Opposition wiegt schwer: Die schwarz-gelbe Landesregierung habe die 92000LEG-Wohnungen an "Briefkastenfirmen und Strohmänner verscherbelt" - und den Verkauf als "geheime Verschlusssache" deklariert. Dies alles gebe Anlass zur Sorge, ob die bei dem Verkauf vereinbarten Sicherheitsgarantien für die Mieter auch eingehalten werden könnten.

Zur Erinnerung: Die Landesregierung hatte die Gesellschaft im Juni vergangenen Jahres für rund 790Millionen Euro an die "Whitehall Real Estate Funds" verkauft, einen Immobilienfonds der US-Investmentbank Goldman Sachs. Landesanteil am Verkaufspreis: 470 Millionen Euro. Schon damals warnten Kritiker, dass der Käufer eine bekannte Heuschrecke sei, die nur an einer maximalen Rendite Interesse habe - zu Lasten der Mieter.

Die Landesregierung dagegen verwies immer auf die mit Whitehall vereinbarte Sozialcharta. Sie soll die Mieter beispielsweise vor drastischen Mieterhöhungen und teuren Luxussanierungen der Wohnungen schützen und sichert Mietern, die 60 Jahre und älter sind, ein lebenslanges Wohnrecht zu.

Die alte Kritik kocht nun wieder hoch: Linssen erklärte gestern im Landtag, dass die Landesentwicklungsgesellschaft von einer "von Whitehall dominierten Erwerbergemeinschaft" gekauft worden sei. Dazu gehörten Whitehall-Töchter - zwei kleinere Kommanditgesellschaften mit den Namen "Lancaster" und "Rote Rose" und einem Stammkapital von je 25000Euro.

Die persönlich haftende Gesellschafterin der Lancaster firmierte nach Medienberichten angeblich einst unter dem Namen "Vendetta", das italienische Wort für Blutrache. Ein Zwischenrufer der Opposition sah sich angesichts dieser Namen schon an den jüngst verfilmten Verschwörungs-Thriller "Illuminati" erinnert.

Linssen dagegen sieht in dem Verkauf einen ganz normalen Vorgang und in den Vorwürfen der Opposition den Versuch, den Verkauf "zu skandalisieren". Die Eigentümerstruktur sei nicht außergewöhnlich, sondern eine übliche Konstruktion, um bei der Grunderwerbsteuer zu sparen, erläuterte der Minister in der Fragestunde des Landtags.

Whitehall sei auch nicht "irgendeine Bananenfirma", sondern ein renommiertes Unternehmen. Dahinter stehe ein Vermögen von rund 31Milliarden Dollar. Für "Fantasienamen" bei Gesellschaften sei er nicht zuständig.

Der Minister sieht auch weiterhin keine Nachteile für die rund 280000Mieter durch den Verkauf. Die Sozialcharta sei dreifach abgesichert: Durch das Vermögen der Käufer und eben nicht durch deren Stammkapital. Und durch das LEG-Vermögen sowie durch Anteile des Unternehmens in Höhe von 300Millionen Euro, die die Käufer an das Land verpfändet hätten.

SPD und Grüne zeigten sich nach der turbulenten Fragestunde nicht besänftigt, sondern legten sogar noch nach. Linssen habe die LEG an ein "Steuersparmodell" verkauft, lautete das Fazit von SPD und Grünen. Der Grünen-Abgeordnete Horst Becker betonte, bei Linssens Vorgehen würden "Heuschrecken samt Kindes und Kindeskinder gemästet".

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