Verkehr : Kostenloser ÖPNV? Große Skepsis in der Region
Die Verkehrsbetriebe in der Region zweifeln am Erfolg eines Nahverkehrs zum Nulltarif, wie er der Bundesregierung vorschwebt. Eine Auswahl der Stimmen.
Düsseldorf. In der Theorie klingt die Idee beinahe ein wenig zu schön, um wahr zu sein: In einem Brief an die EU-Kommission regt die deutsche Bundesregierung an, kostenlose Angebote im öffentlichen Nahverkehr zu schaffen, um eine drohende Geldstrafe aus Brüssel wegen zu hoher Stickoxid-Werte in vielen deutschen Städten abzuwenden und etwa Pendler im großen Stil vom Auto in Bus und Bahn zu locken. Neu ist die Idee keineswegs. So forderten schon die Linken und die Piratenpartei im Bund einen öffentlichen Nahverkehr zum Nulltarif.
In der Praxis stößt der Vorstoß bei den Verkehrsbetrieben in der Region überwiegend auf Skepsis, so etwa bei der Rheinbahn AG in Düsseldorf: „Wenn die Politik uns erklärt, wie wir eine Finanzierungslücke von 240 Millionen Euro schließen sollen, wäre die Idee eine feine Sache“, fasst Sprecher Georg Schumacher es polemisch, denn so viel nehme die Rheinbahn durch den Verkauf von Tickets im Jahr ein. „Schon jetzt steckt öffentliches Geld in dem Betrieb des Nahverkehrs, da die Kommunen sich mit 20 Prozent daran beteiligen. Den Löwenanteil von 80 Prozent stemmen wir aus eigener wirtschaftlicher Kraft.“
Und das ist auch gut so, meint Schumacher, zumal das gegenwärtige Finanzierungsmodell dem Verkehrsbetrieb eine gewisse gestalterische Freiheit ermögliche und die Steuerzahler entlaste. Den — bislang nicht näher differenzierten — Vorschlag der Bundesregierung eines kostenlosen Nahverkehrs hält Schumacher für „fantasie- und kenntnislos“. Denn zumindest für urbane Gebiete wie den Raum Düsseldorf greife keineswegs das Klischee zu, dass der Nahverkehr zu wenig genutzt wird, „wir haben im Gegenteil keine Platzkapazitäten, um das System unbegrenzt mit Menschen zu befüllen.“ Politischen Handlungsbedarf sieht der Rheinbahn-Sprecher an anderer Stelle: „Selbstverständlich brauchen wir auf Dauer eine Verkehrswende. Die erreicht man allerdings nur durch eine große Investitionsoffensive für den Nahverkehr, um beispielsweise eine gute Haltestestellensituation und eine enge Taktung der Fahrzeiten zu schaffen.“ Schumacher ist überzeugt: Für eine gute Leistung sind die Menschen auch bereit, einen Preis zu bezahlen.“ Die Stadtwerke Solingen waren am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.