Kernkraftwerk Tihange: Laschet fährt zu Gesprächen nach Belgien

Pannen, Risse, Notabschaltungen - das belgische Kernkraftwerk Tihange wirkt in Aachen wie eine Bedrohung. Vorwürfe und strikte Forderungen haben bei den Nachbarn bisher nichts bewirkt - vielleicht jetzt ein diplomatischerer Umgang?

 Das Atomkraftwerk Tihange in Belgien.

Das Atomkraftwerk Tihange in Belgien.

Foto: dpa

Düsseldorf. Armin Laschet muss niemand erklären, wie bedrohlich das belgische Kernkraftwerk Tihange auf die Menschen im Aachener Grenzland wirkt. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident (CDU) ist ja Aachener und wohnt selbst nah dran - keine 70 Kilometer entfernt. Pannen, Mikrorisse und zuletzt auch noch besorgniserregende Notabschaltungen in Tihange - es scheint immer noch schlimmer zu kommen.

Laschet fährt nächsten Dienstag (20. Februar) zu einem Antrittsbesuch nach Belgien. Von König Philippe wird er zu einer Audienz empfangen. Politische Gespräche führt Laschet (CDU) nach Angaben der Staatskanzlei mit Belgiens Premier Charles Michel sowie mit flämischen und wallonischen Regierungsvertretern. Dabei soll es auch um das Atomkraftwerk Tihange gehen, dessen Sicherheit umstritten ist.

Nordrhein-Westfalen drängt auf ein Abschalten. Ministerpräsident Laschet hatte unlängst vorgeschlagen, neue Stromleitungen aus NRW nach Belgien zu legen, damit die Stromproduktion des Reaktors ersetzt werden kann, auch durch Braunkohlestrom.

Die Gefahr durch das marode Kernkraftwerk sei deutlich höher als die Risiken durch die Kohle-Emmissionen, hatte Laschet gesagt und mit seinem Vorschlag angestoßen, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist: Perspektiven für Energielieferungen aus Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden zu entwickeln, wenn Tihange abgeschaltet wird.

Nur gut eine Woche nach Laschet werden die Belgier wieder Besuch aus Nordrhein-Westfalen bekommen: Am 28. Februar wird auch Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) zu Gesprächen nach Brüssel fahren und mit der belgischen Energieministerin Marie-Christine Marghem und Innenminister Jan Jambon zusammentreffen. Jambon ist auch für Reaktorsicherheit zuständig. „Wir werden über die wichtigen energiepolitischen Fragen sprechen und nach Wegen suchen, um die grenzüberschreitende Kooperation im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern“, hatte Pinkwart gesagt.

Nach den unmissverständlichen Äußerungen der rot-grünen Vorgänger-Regierung zum „Bröckel-Reaktor“ Tihange erscheint das wie eine neue Tihange-Diplomatie der Annäherung - wie vom Chef der Städteregion Aachen, Helmut Etschenberg (CDU), immer wieder gefordert: Wenn Deutschland den Nachbarn nicht in die Energiepolitik reinreden kann, dann müsse man doch Gesprächskanäle nutzen.

Etschenberg steht an der Spitze einer Allianz aus über 100 Kommunen in Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg, die ein Abschalten von Tihange wollen. Sein Vorwurf, Berlin nehme die Sorgen der entfernten Grenzregion nicht ernst, gipfelte in der Feststellung: „Wir sind nicht Zonenrandgebiet. Wir gehören zur Bundesrepublik Deutschland.“

Die Bundesregierung sieht keinerlei Rechtsgrundlage, um eine Stilllegung von Tihange und auch Doel bei Antwerpen zu erreichen. In den Reaktorblöcken Tihange 2 und Doel 3 waren Tausende Mikrorisse in den Reaktorblöcken festgestellt worden.

Die Bundesregierung hatte sich vergeblich für eine vorübergehende Stilllegung eingesetzt bis zur Klärung, ob das mit einem Sicherheitsrisiko verbunden ist. Aber zumindest könne Deutschland doch die Lieferung von Brennelementen nach Tihange stoppen, meinte Laschet: „Im Atomgesetz ist geregelt, dass Kernbrennstoffe nicht ausgeführt werden dürfen, wenn sie die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik gefährden“, hatte sich Laschet festgestellt. Hendricks warf ihm daraufhin Populismus vor. dpa

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