Jürgen Rüttgers: Bis Mai herrscht in Berlin Ruhe

Der Ministerpräsident zur Landtagswahl und zum holprigen Startder Bundesregierung.

Herr Rüttgers, in rund fünf Monaten wird in NRW gewählt. Mit welchem Gefühl gehen Sie in das neue Jahr?

Rüttgers: Mit einem sehr ruhigen und zuversichtlichen Gefühl. Ich bin mir sicher, dass die Bürger die Arbeit der Landesregierung positiv bewerten und uns auch für eine weitere Legislaturperiode ihr Vertrauen geben werden. Wir haben viel geleistet, hier nur zwei Beispiele: Als wir 2005 angetreten sind, lag die Betreuungsquote für Unter-Dreijährige nur bei 2,8 Prozent. Jetzt sind es 11,6 Prozent. Es gab nur Ganztagsangebote in wenigen Schulen. Das haben wir nachhaltig verbessert. Heute gibt es alleine an Ganztagsschulen 2,5 mal so viele Ganztagsplätze wie vor drei Jahren.

Im Fußball gibt es einen Streit darum, was schwieriger ist: Einen Titel zu erringen oder ihn zu verteidigen. Wie ist es in der Politik?

Rüttgers: Beides ist gleich schwierig. Das liegt auch daran, dass es in der Politik nicht nur Fans geben kann.

Der Start der schwarz-gelben Koalition in Berlin verlief alles andere als optimal. Haben Sie Befürchtungen mit Blick auf Ihre Landtagswahl im Mai?

Rüttgers: Nein, denn bis Mai werden sich die Aufgeregtheiten gelegt haben. Die FDP war elf Jahre nicht in der Regierung und musste sich wieder an einiges gewöhnen. Im Verhältnis zwischen Bund und Ländern wird jetzt auch wieder deutlich werden, dass Bund und Länder aufeinander angewiesen sind und gut beraten, vertrauensvoll miteinander umzugehen. Also: Das Ergebnis zählt. CDU und FDP haben einen klaren Wählerauftrag - im Bund wie auch im Land.

Aber auch in der CDU gibt es Unzufriedenheit mit der Kanzlerin: Die Partei erwartet, dass sie CSU und FDP einmal in die Schranken weist.

Rüttgers: Nein, jeder weiß: Diese Prozesse brauchen ein wenig Zeit. Ich kann nur sagen: Wenn man mit der Hand auf den Tisch haut, tut das vor allem der Hand weh.

Aber die FDP wird doch bald wieder Forderungen stellen, zum Beispiel bei der Gesundheitsreform. Geht das Theater also unendlich weiter?

Rüttgers: Nein, die Angelegenheit ist ganz klar geregelt. Vor 2011 ändert sich nichts, weil die krisenbedingten Einnahmeausfälle vom Bundeshaushalt übernommen werden. Das weiß auch die FDP.

Der Bund will im kommenden Jahr rund 100 Milliarden Euro neue Schulden machen. Was ist aus der alten Aussage geworden, nur CDU und FDP könnten mit Geld umgehen?

Rüttgers: Das stimmt immer noch, natürlich. Das Jahr 2010 wird wegen der andauernden Krise noch eine große Ausnahme bleiben. Wolfgang Schäuble folgt hier übrigens nur den Planungen von Peer Steinbrück. Ab 2011 greifen die Regelungen der Schuldenbremse. Das werden dann Jahre der Einschnitte.

Gilt das auch für NRW?

Rüttgers: Ja, aber wir können ja auf eine Konsolidierungsstragie mit Augenmaß zurückgreifen: Konsolidierung einerseits, gleichzeitig Zukunftsinvestitionen in Bildung, Wissenschaft und Infrastruktur.

Sie haben gesagt, dass Deutschland drei Prozent Wachstum braucht, um den Lebensstandard zu halten und Zukunftsvorsorge zu treffen. Wie wollen Sie das erreichen?

Rüttgers: Wir dürfen uns nicht mehr an der These orientieren, dass in Industrieländern nur noch ein geringes Wachstum möglich ist. Deshalb müssen wir die Wachstumskräfte stärken, um die Wachstumsrate möglichst hoch zu halten.

Zurück zu NRW. Ist Schwarz-Grün im Mai eine Option?

Rüttgers: Die Koalition aus CDU und FDP arbeitet freundschaftlich und erfolgreich zusammen. Da muss ich mir keine Gedanken zu Koalitionsfragen machen.

Wird es eine Koalitionsaussage von der NRW-CDU geben?

Rüttgers: Ja, zur gegebenen Zeit. Und es ist kein Geheimnis, dass die FDP unser Wunschpartner ist. Wir haben nun fast fünf Jahre erfolgreiche Politik für Nordrhein-Westfalen gemacht. Das wollen wir fortsetzen.

Wenn Sie die Grünen in NRW aus dem Jahr 2005 mit den Köpfen Höhn und Vesper mit den Grünen im Jahr 2009 vergleichen. Was hat sich geändert?

Rüttgers: Ich bin sicher ein schlechter Interpret der Grünen-Fraktionschefin Sylvia Löhrmann. Aber ich stelle fest, sie ist sachlicher geworden.

Aus welchem Grund?

Rüttgers: Ich vermute, die Grünen wollen in die Regierung.

Vor der Landtagswahl haben sie es mit einer ganze Reihe von Städten zu tun, in denen aufgrund der Haushaltslage Bäder, Theater und Bibliotheken geschlossen werden. Wie wollen Sie dort helfen?

Rüttgers: Wir haben in den vergangenen zwei Jahren Rekordsummen an die Kommunen überwiesen, es gibt 2,2 Milliarden Euro aus dem Konjunkturpaket. Und wir helfen immer wieder in Einzelfällen - auch in Wuppertal, auch in Oberhausen. Alle öffentlichen Haushalte müssen nach der Krise sparen.

Die armen Städte dürfen keine Auszubildende mehr einstellen. Finden Sie das richtig?

Rüttgers: Die Städte mit Nothaushalt dürfen nach wie vor ausbilden - für den eigenen Bedarf. Und das sollten sie auch tun.

Wo verbringen Sie Ihre Weihnachtstage?

Rüttgers: Zu Hause, im Familienkreis. Wir begehen das Fest ganz traditionell mit Baum, mit gutem Essen, mit der Christmette, mit Familienbesuchen.

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