Düsseldorf Jahrestag der Gründung Israels: Ein schwieriger Festakt unter guten Freunden

Es sollte ein besonderer Tag sein zu Israels 70. „Geburtstag“: unter anderem mit vier ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten. Aber Laschets Feier wurde überschattet von den blutigen Ereignissen im Gazastreifen.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU, M) und alle seine noch lebenden Amtsvorgänger, Peer Steinbrück (SPD, l-r) Hannelore Kraft (SPD), Jürgen Rüttgers (CDU) und Wolfgang Clement stehen vor einer Feierstunde aus Anlass des 70. Jahrestags der Gründung Israels in der Düsseldorfer Staatskanzlei zusammen.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU, M) und alle seine noch lebenden Amtsvorgänger, Peer Steinbrück (SPD, l-r) Hannelore Kraft (SPD), Jürgen Rüttgers (CDU) und Wolfgang Clement stehen vor einer Feierstunde aus Anlass des 70. Jahrestags der Gründung Israels in der Düsseldorfer Staatskanzlei zusammen.

Foto: Federico Gambarini

Düsseldorf. Was soll man eigentlich diesen Mädchen und Jungen für ihre Zukunft wünschen, wie sie da so unbefangen stehen im Plenarsaal des Düsseldorfer Landtags — als dass sie sich diese Unbefangenheit möglichst lange bewahren mögen? Zweimal schmettert der Kinderchor der Kulturakademie der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf während der Feierstunde zum 70. Jahrestag der Gründung Israels ein Medley jüdischer Lieder ins Rund. Und zuletzt bringt er die Gästeschar beim berühmten „Heweynu schalom alechem“ („Wir wünschen Frieden für alle“) zum Mitklatschen.

Die Jungen tragen, wenigstens hier im Parlament, ihre Kippa selbstverständlich und sorglos. Und all die Wucht der Geschichte und Gegenwart — Shoah, Staatsgründung, Krieg, Hass, Gewalt — scheint für einen Moment Lichtjahre entfernt.

Bei den Erwachsenen, da genügt allein ein Blick auf die Konstellationen, ist alles ungleich schwieriger. Natürlich, sofort zu Beginn des Festakts sagt Landtagspräsident André Kuper (CDU): „Die deutsch-israelische Freundschaft lebt.“ Etwa zeitgleich wird in Jerusalem die US-amerikanische Botschaft eröffnet.

Man erahnt ähnlich lautende Bekenntnisse dort zur israelisch-amerikanischen Freundschaft. Aber die Freunde Israels sind sich untereinander überhaupt nicht eins: Man müsse einen Präsidenten Trump erleben, so Kuper, „der den Atomdeal mit dem Iran aufkündigt und damit weitere Instabilität erzeugt oder zumindest in Kauf nimmt“.

Der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff werde das womöglich anders sehen, wird Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) später in Richtung des Ehrengastes sagen. Und dann sitzt da noch Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, und lauscht der Rede von Oded Horowitz, dem Vorsitzenden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein — drei Wochen, nachdem die geplante gemeinsame Israelreise zum Staatsjubiläum geplatzt ist. Die Erwachsenen haben es eindeutig schwerer mit der Wucht der Geschichte als die Chorkinder.

„Wir können die Geschichte nicht ändern, aber die Geschichte kann uns immer wieder verändern“, sagt Botschafter Issacharoff in seinem Grußwort. NRW ist mit 28 von insgesamt 100 deutschen Städtepartnerschaften in Israel eines der Herzstücke der Verbindung. Noch vor dem Festakt hatten sich in der Staatskanzlei Laschets vier Amtsvorgänger Hannelore Kraft (SPD), Jürgen Rüttgers (CDU), Peer Steinbrück (SPD) und Wolfgang Clement eingefunden.

Sie alle hätten gute Beziehungen zu Israel „über alle Regierungswechsel hinaus als Aufgabe unseres Landes NRW verstanden“, sagt der Ministerpräsident beim Festakt. Und kündigt zugleich die Gründung eines David-Ben-Gurion-Stipendiums an, das Doktoranden aus NRW im Bereich der Ingenieurwissenschaften und der Informatik ermöglichen soll, in Israel zu forschen. Geforscht hat auch der Düsseldorfer Günther Otten — in seiner Familiengeschichte. Und hat zusammen mit seinem Vater den Mut seiner Großeltern Josef und Maria Otten entdeckt.

In der Endphase des Zweiten Weltkriegs hatten sie zunächst den Juden Emanuel Nooitrust und später auch dessen Bruder Salomon für Monate im eigenen Keller versteckt und so vor der Deportation bewahrt. Dafür kann Günther Otten jetzt posthum ihre Ehrung als „Gerechte unter den Völkern“ der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem entgegennehmen. Josef und Maria Otten hätten Handlungsspielraum für sich in einer Zeit entdeckt, „in der es ihn angeblich nicht gab“, würdigt die israelische Botschaftsvertreterin Sandra Witte das Düsseldorfer Ehepaar.

„Das habt ihr gut gemacht“, wendet sich der Enkel an seine verstorbenen Großeltern. „Ihr seid mir immer Vorbild gewesen.“ In Yad Vashem sind inzwischen 601 deutsche Namen registriert — unter 26 513 aus 51 Ländern. Wenige, viel zu wenige. Darum ist auch heute noch vieles so schwierig.

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