Jäger gibt sich trotz aller Attacken gelassen

SPD-Innenminister legt Bericht zu Übergriffen in der Silvesternacht vor. CDU spricht von „Staatsversagen“.

Jäger gibt sich trotz aller Attacken gelassen
Foto: dpa

Düsseldorf. Ralf Jäger wirkt ruhig und konzentriert, fast souverän. Wie jemand, der unter großem Druck steht und seine Ablösung fürchtet, sieht der SPD-Politiker nicht aus. Täglich muss der NRW-Innenminister irgendwo erklären, wie es zu den massenhaften Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht kommen konnte und wer für dieses Versagen verantwortlich ist. So auch am Donnerstag im Innenausschuss.

Erneut spielen die WE-Meldungen eine zentrale Rolle. Gemeint sind die Informationen der Kölner Polizei zu Wichtigen Ereignissen (WE) in der Silvesternacht. Drei WE-Meldungen an das NRW-Innenministerium gibt es am 1. Januar, eine am 3. Januar — drei davon gehen auch an Jäger. „Die Dimension der Gewalt war für mich erst am 4. Januar erkennbar“, so Jäger. „Die Beamten auf der Straße haben keinen Fehler gemacht, sie haben ihren Kopf hingehalten“, sagt Jäger. „Es waren nur zu wenige, und das ist der Fehler gewesen.“ Jäger kündigt an, den von der Opposition beantragten Untersuchungsausschuss „nach Kräften zu unterstützen“. Er habe nichts zu verbergen.

Das sieht Theo Kruse ganz anders. Was Jäger aufführe, sei eine „verzweifelte Vorwärtsverteidigung“, sagt der innenpolitische Sprecher der CDU. In der Silvesternacht habe es ein „Staatsversagen“ gegeben. Die Dimension der Ereignisse in Köln hätte Jäger vor dem 4. Januar erkennen müssen. Sein Fraktionskollege Gregor Golland ruft dem Minister zu: „Sie übernehmen keine politische Verantwortung. Dafür sollten sie sich schämen.“

Marc Lürbke (FDP) wirft Jäger vor, bewusst verschwiegen zu haben, dass bereits am 1. Januar in einer WE-Meldung von der Vergewaltigung einer 19-Jährigen berichtet worden war. Jäger nennt diesen Vorwurf „absurd“.

Unterstützung erhält der Innenminister von Monika Düker (Grüne). Vor dem 4. Januar sei das Ausmaß der Ereignisse überhaupt nicht klar gewesen. Man müsse aber fragen, warum die Frauen die Straftaten nicht früher zur Anzeige gebracht hätten.

Gregor Golland (CDU) bietet eine Erklärung an: Offenbar hätten die Frauen das Vertrauen in den Rechtsstaat verloren. Das sei auch kein Wunder, weil bisher viele Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt würden oder sich kein Täter ermitteln ließe. „Viele Frauen erstatten jetzt Strafanzeige, weil sie nun das Gefühl haben, ernst genommen zu werden.“

Die Behörden gehen inzwischen rund 1000 angezeigten Straftaten nach, die sich auf die Silvesternacht beziehen. Es handelt sich um Übergriffe auf Frauen in Köln, Düsseldorf, Dortmund und Bielefeld. Laut Jäger gibt es mehr als 1200 Opfer, nahezu die Hälfte von ihnen als Opfer einer Sexualstraftat. In den vier Großstädten ermittelt die Polizei gegen 52 Tatverdächtige, die überwiegend Ausländer sind.

Mit 821 angezeigten Straftaten bildet Köln den Schwerpunkt. In 359 Fällen handelt es sich um Sexualdelikte. Der Verdacht richtet sich in Köln gegen 30 Personen. „Alle bisher ermittelten Tatverdächtigen sind nichtdeutscher Nationalität“, heißt es im Jäger-Bericht. 15 von ihnen sind Asylbewerber, elf halten sich vermutlich illegal in Deutschland auf. Von den 30 Verdächtigen stammen 25 aus Marokko und Algerien.

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