NRW Grüne tragen Rückkehr zu G9 „im Grundsatz“ mit

Für ein Kopftuchverbot bei Mädchen unter 14 Jahren sieht die Partei keinen Bedarf.

 Symbolbild.

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Foto: Armin Weigel

Bochum. Es gab eine Zeit vor der Landtagswahl, da riefen die NRW-Grünen das Ziel aus, Schülern an jedem Gymnasium auf dem Weg zum Abitur die Wahl zwischen G8 und G9 zu ermöglichen. Davon ist die Partei am Sonntag abgerückt. Einstimmig nahm der Landesparteirat, höchstes Beschlussgremium zwischen den Parteitagen, in Bochum einen Antrag des Vorstands an, der die von Schwarz-Gelb beschlossene Rückkehr zu G9 „im Grundsatz“ mitträgt - allerdings nicht ohne eigene Forderungen.

Für den Landesvorsitzenden Felix Banaszak zählen dazu eine einheitliche Regelung für alle Gymnasien ohne die Möglichkeit der Beibehaltung von G8 sowie die vollständige Kostenübernahme der Umstellung durch das Land. Sigrid Beer, schulpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, fordert zudem, die Rücknahme von G8 dürfe kein „Rollback zur alten Halbtagsschule“ bedeuten. Die Idee individueller Lernzeiten und einer stärkeren individuellen Förderung will sie nicht aufgeben.

Das ist der schulpolitische Spagat, in dem die Partei steckt: die Individualisierungskonzepte der Vergangenheit kritisch zu hinterfragen und trotzdem an der Idee als solcher festzuhalten. Beer wittert hinter den Plänen von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) auch das Bestreben, die Gymnasien zur exklusiven Schulform zu entwickeln und vom Inklusionsthema weitgehend zu entlasten. „Diese Spaltung gesellschaftlicher Aufgaben dürfen wir nicht zulassen.“

Der G9-Beschluss ist der aktuellen Landtagsdebatte geschuldet. Bis zum Landesparteitag im Frühsommer 2019 soll dann auch die grundsätzliche Neuausrichtung der grünen Schulpolitik beschlussfähig sein. Christoph Stolzenberger, Sprecher des Kreisverbands Heinsberg, plädierte vehement dafür, dabei nicht nur die Abiturienten im Blick zu haben, sondern auch die 72 000 Hauptschüler. „Die schicken wir in die Arbeitslosigkeit und Armut.“ Es reiche nicht, dass Grüne über Hauptschule redeten wie aus dem Soziologiehandbuch.

Landesvorsitzende Mona Neubaur forderte Schulministerin Gebauer auf, ihr Schweigen zur Diskussion über ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren zu brechen. „Sie muss sich dazu äußern und kann sich nicht feige wegducken.“ Das Verbot war von Integrationsstaatsekretärin Serap Güler (CDU) vorgeschlagen worden. Neubaur sagte, sie sehe keinen Bedarf für ein Kopftuchverbot, weil es nach ihrer Einschätzung in Kindergärten und Schulen damit gar kein gravierendes Problem gebe. Und wenn, müsse es vor Ort zwischen Pädagogen und Eltern geklärt werden. Auch Arndt Klocke, Fraktionsvorsitzender im Landtag, kritisierte fehlende Belege: „Bevor über ein Gesetzesverfahren diskutiert wird, muss die Landesregierung erst mal die Fakten auf den Tisch legen.“

Die Debatte über eine neue Struktur der Landespartei als Reaktion auf die Wahlniederlage bei den Landestagswahlen im vergangenen Jahr nähert sich dem Ende. Der Landesparteirat empfiehlt dem Landesparteitag im Juni, der Verkleinerung des Vorstands von 20 auf acht Mitglieder zuzustimmen. Die Idee, als Ersatz für die radikal reduzierte Zahl der Beisitzer einen Landesausschuss als neues Vernetzungsgremium einzurichten, fand im Bochumer Jahrhunderthaus aber keine Mehrheit. Auch wird der Schatzmeister entgegen den Vorstellungen von Teilen des Vorstands ein bezahltes Hauptamt bleiben und kein Ehrenamt werden.

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