Geld von der Justiz: Es gibt keine festen Regeln

2007 flossen in NRW 25 Millionen Euro an Wohlfahrtsverbände.

Düsseldorf. Es geht um viel Geld. Genauer: um mehr als 50 Millionen Euro alleine im vergangenen Jahr alleine in NRW. So viel Geld nämlich mussten nach Angaben des NRW-Justizministeriums Beschuldigte und Angeklagte als Geldauflagen unter anderem für die Einstellung ihrer Verfahren, bei Strafbefehlen oder als Bewährungsauflagen zahlen.

Das Geld wird in der Regel zu fast gleichen Teilen an gemeinnützige Einrichtungen und an die Staatskasse geleitet. Konkret flossen aus diesen Mitteln im vergangenen Jahr 25.356.212 Euro an die Staatskasse, und gemeinnützige Organisationen profitierten mit 24.996.517 Euro.

Doch wer bestimmt, welche Organisation wie viel Geld bekommt? Die Antwort ist eine typisch juristische: "Es kommt darauf an..."

Grundsätzlich sind in die Entscheidung, welche Einrichtung wie viel Geld bekommt, alle Verfahrensparteien eingebunden: Richter, Staatsanwalt und Angeklagter. In der täglichen Praxis ist der Einfluss von Angeklagten aber eher gering.

Wichtig ist auch das Stadium des Verfahrens, in dem etwa eine Einstellung (Paragraph 153a StGB) erfolgt. Erfolgt diese nämlich noch im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen - also vor Eröffnung eines Hauptverfahrens -, liegt das Vorschlagsrecht in der Regel bei den Staatsanwälten. Sie unterbreiten dem zuständigen Gericht, das der Einstellung des Verfahrens zustimmen muss, einen Vorschlag über die Höhe der Geldauflage und deren Verwendungszweck. Diese Vorschläge erhalten in aller Regel auch das Okay des Richters. Dies gilt ebenfalls für Geldstrafen aus Strafbefehlen, die die Staatsanwaltschaft verhängen kann.

Innerhalb der Staatsanwaltschaften gilt bei den Zuweisungen der Gelder ein "Vier-Augen-Prinzip" zumeist mit dem Abteilungsleiter, sobald eine Organisation eine höhere Einzelzuwendung als 7500 Euro erhalten soll. Dies ist in Form einer allgemeinen Dienstanweisung geregelt.

Etwas anders sieht die Sache aus, wenn die Geldauflagen, -bußen oder -strafen von einem Gericht verhängt werden. "Dann greift die richterliche Unabhängigkeit", sagt Heiner Blaesing, Präsident des Landgerichts Düsseldorf. In der Regel setzten die Kammern die Verwendung der Geldauflagen oder -strafen in einen Bezug zur Straftat: "Wenn ein Kind geschädigt wurde, liegt es nahe, etwa einem Kinderhospitz oder einer Kinderkrebsklinik Geld zufließen zu lassen."

Eine missbräuchliche Verwendung der Gelder kann sich Blaesing nur schwer vorstellen: "Hier käme keiner auf die Idee, Gelder an seinen Fußballverein zu leiten, in dem er selbst Mitglied ist. Sowas habe ich noch nie erlebt."

Dennoch: Feste Vorschriften, welche Organisationen in welchem Umfang bedacht werden können, gibt es nicht. "Das sollte es auch nicht geben", sagt Blaesing. "Denn nur durch die richterliche Unabhängigkeit ist gewährleistet, dass alle Organisationen in etwa gleichem Umfang profitieren - auch wenn der eine Richter lieber etwas mehr an Misereor gibt und der andere etwas mehr an Adveniat."

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