Gabriels Plan zur Verteuerung der Braunkohle erntet Gegenwind aus NRW

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will den CO2-Ausstoß alter Kohlekraftwerke mit einer Klimaschutzabgabe drosseln. Er erfährt Widerstand, aber auch Zustimmung.

Gabriels Plan zur Verteuerung der Braunkohle erntet Gegenwind aus NRW
Foto: dpa

Düsseldorf. Eigentlich hatte am Mittwoch eine Betriebsversammlung der besonderen Art vor dem Düsseldorfer Landtag stattfinden sollen. Der Gesamtbetriebsrat von RWE Power hatte die Kollegen aufgefordert, in Düsseldorf für ihre Zukunft und die Zukunft der Braunkohle zu kämpfen.

Nach dem Flugzeugabsturz wollte man aber dieses Anliegen hinter die Trauer um die Opfer zurückstellen und sagte die Veranstaltung kurzfristig ab. Der Protest wird freilich nicht abebben, der Widerstand ist nur aufgeschoben.

Stein des Anstoßes sind die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Er will den CO2-Ausstoß alter Kohlekraftwerke mit einer Klimaschutzabgabe drosseln. Die Emissionen der rund 500 fossilen Kraftwerke sollen bis 2020 um insgesamt 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid zurückgefahren werden. Fällig werden soll die Abgabe für Betreiber von Kraftwerken, die älter als 20 Jahre sind.

Damit stößt Gabriel nicht nur auf den Widerstand von RWE, den Arbeitnehmern und der CDU-Opposition in NRW. Auch Parteifreundin Hannelore Kraft (SPD), fühlt sich, wie auch die SPD-Fraktion im Landtag, dem Arbeitsplatzargument verpflichtet und liegt in der Sache mit Gabriel über Kreuz.

CDU-Oppositionschef Armin Laschet fordert von Kraft eine klare Ansage, dass eine eigene deutsche Abgabe neben dem europäischen Zertifikate-System mit NRW nicht machbar sei.

Laut Umweltverband BUND wären in NRW 17 von 20 alten RWE-Kraftwerksblöcken von einer Abgabe auf Altmeiler betroffen, weil sie schon 40 bis 50 Jahre auf dem Buckel haben. BUND-Geschäftsleiter Dirk Jansen hält eben das für richtig: „Die alten Möhren sind die klimaschädlichsten in Deutschland. Das sind wahre Dreckschleudern, die Feinstaub und Quecksilber ausstoßen.“

RWE dagegen warnt: Arbeitsplätze in der Größenordnung von mindestens 30 000 Stellen wären allein in der Braunkohleindustrie bedroht, sogar weit über 70 000 Stellen bei Zulieferern, in Partnerfirmen und in der stromintensiven Industrie.

Solche Behauptungen seien „unverantwortliche Panikmache“, kritisiert Wibke Brems, energiepolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion. „In diesem Bereich arbeiten in Nordrhein-Westfalen noch gut 10 000 Mitarbeiter.“ Für diese Arbeitsplätze in NRW könnten Anpassungen sozialverträglich gestaltet und durch einen Umbau auf Erneuerbare Energien ergänzt werden. Man brauche hocheffiziente und flexible Gaskraftwerke sowie Kraft-Wärme-Kopplung.

BUND-Sprecher Dirk Jansen kritisiert den Energieversorger: „RWE hat die Energiewende schlichtweg verschlafen und nimmt seine Mitarbeiter jetzt in Geiselhaft für die eigene verfehlte Geschäftspolitik. Wer jetzt noch die Braunkohle künstlich am Leben hält, erschwert den fälligen Strukturwandel und verbaut den Weg in eine Zukunft ohne Braunkohle.“

Der BUND stellte am Dienstag in Düsseldorf ein Gutachten vor, wonach der Ausstieg aus der Braunkohle bis 2030 energiepolitisch machbar und klimaschutzpolitisch notwendig sei. Anders seien die Ziele von Bundes- und Landesregierung für einen verminderten Ausstoß von Treibhausgasen nicht zu schaffen.

Für den Tagebau Garzweiler II bedeute dies, dass die von der Landesregierung ins Auge gefasste Verkleinerung nicht ausreiche. Die Abbau-Grenze müsse vor der Autobahn A 61 gezogen werden. Auch der Tagebau Hambach müsse verkleinert werden.

Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, den Treibhausgas-Ausstoß bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Um das 95-Prozent-Ziel zu erreichen, müsste mit den Tagebauen Garzweiler und Hambach schon in fünf Jahren Schluss sein, sagte Jansen.

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