Freispruch für Kremendahl

Korruption: Der BGH sieht Lücken im Gesetz und spricht deshalb den Wuppertaler Ex-Oberbürgermeister frei.

Wuppertal. Der Wuppertaler Ex-Oberbürgermeister Hans Kremendahl (SPD) ist endgültig vom Vorwurf der Vorteilsannahme freigesprochen worden. Acht Jahre nach einer umstrittenen Wahlkampfspende bestätigte der Bundesgerichtshof (BGH) den Freispruch, sieht aber Lücken im Gesetz. Auslöser des Verfahrens waren 500 000 D-Mark, die ein Bauunternehmer Kremendahl für den Wahlkampf 1999 gegeben hatte. Der BGH folgte einem Urteil des Landgerichts Dortmund von 2006, äußerte aber Zweifel an dessen Feststellungen. Aus Sicht der Dortmunder Richter hatte der OB erst nach seiner Wahl erkannt, dass der Unternehmer als Dank für seine Spende die Unterstützung bei einem geplanten Einkaufszentrum erwartete. "Dass ein Oberbürgermeister einer Großstadt so blauäugig sein kann, vermag man sich kaum vorzustellen", stellte nun der BHG fest.

Distanzierter kann man einen Freispruch nicht formulieren. Der Bundesgerichtshof sah sich zwar gezwungen, die Revision gegen den Freispruch des ehemaligen Wuppertaler Oberbürgermeisters Hans Kremendahl durch das Dortmunder Landgericht abzuweisen. Und doch ließ sich der Vorsitzende des 3. Strafsenats dazu hinreißen, die juristische Unschuld Kremendahls ihrer moralischen Glaubwürdigkeit zu berauben. Der ehemalige OB hatte sich 1999 seinen Wahlkampf von einem Baulöwen mit 500 000 D-Mark sponsern lassen, ohne darin eine konkrete Absicht des Unternehmers erkannt haben zu wollen. "Dass ein Oberbürgermeister so blauäugig sein kann, vermag man sich kaum vorzustellen", erklärte der Richter. Dieser ungewöhnlich deutliche Nebensatz kam einer Ohrfeige gleich.

Der Bundesgerichtshof hat damit zugleich eines unmissverständlich klargestellt: Die Politik darf von den Gerichten nicht erwarten, dass diese ihnen die Arbeit abnehmen. Plausible, praktikable und moralisch vertretbare Spielregeln für die Parteienfinanzierung muss die Politik schon selbst aufstellen. Zum Glück ist der jüngste Versuch gescheitert, die Bürger trotz oder wegen der nachlassenden Wahlbeteiligung durch eine Erhöhung der staatlich gewährten Pauschalen stärker zur Kasse zu bitten. An einer weitgehenden Finanzierung der Parteien durch Spenden geht deshalb auch in Zukunft kein Weg vorbei. Das wird kein Problem sein, wenn die Spielregeln dafür klarer und nachvollziehbarer werden. Zielstrebige "Gönner" wie der ebenfalls freigesprochene Bauunternehmer Uwe Clees werden dann zwar künftig keinen Cent mehr in die politische Landschaftspflege investieren. Wenn eine größere Transparenz die Parteien zu mehr Bescheidenheit und Redlichkeit zwingt, ist das zweifellos ein Gewinn.

Im Wuppertaler Fall hat zum Glück schon vor dem gestrigen Urteil die Gerechtigkeit gesiegt: Die SPD hat wegen der Spendenaffäre eine Strafe von 767 000 Euro leisten müssen. Und der ehemalige Oberbürgermeister ist vor drei Jahren von den Bürgern abgewählt worden. Der Weg für eine zweite politische Karriere ist Hans Kremendahl verbaut. Mit einem ehrenamtlichen Engagement für seine Stadt kann er sich aber neue Achtung erwerben.

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