Entschädigung von NS-Opfern: Kämpfer für die gute Sache

Ein Richter für die Entschädigung von NS-Opfern erhebt Vorwürfe. Minister weist sie zurück.

Düsseldorf. Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) weist massive Vorwürfe des Sozialrichters Jan-Robert von Renesse zurück, am Landessozialgericht im speziellen und in der NRW-Justiz im allgemeinen herrschten gravierende Missstände. Dabei geht es um Straftatbestände wie Dokumentenvernichtung und Mobbing. „Die Vorwürfe wurden intern, aber auch von Staatsanwälten geprüft. Sie haben sich als haltlos erwiesen“, sagte Kutschaty am Dienstag in einer Sondersitzung des Rechtsausschusses.

Was die Affäre besonders brisant macht: Renesse war zwischen 2006 und 2010 dafür zuständig, Rentenansprüche überlebender Holocaust-Opfer, die in Ghettos gearbeitet hatten, zu überprüfen. In diese Aufgabe hat er augenscheinlich sein berufliches Herzblut gelegt, unternahm Reisen nach Israel, kümmerte sich intensiv. „Er hat sich dadurch hohes Ansehen erworben“, sagte auch Kutschaty.

Höhepunkt dieses Karriereabschnitts ist für Renesse sicherlich der Auftritt in der Knesset, dem israelischen Parlament, im Februar 2010 — als erster deutscher Richter überhaupt. Denn durch seine Arbeit hat er auch dazu beigetragen, dass weitaus mehr Renten als zuvor ausgezahlt wurden — bis zu 95 Prozent der Anträge waren zuvor von der Deutschen Rentenversicherung abgelehnt worden.

Doch intern stößt Renesse auf Widerstand. Kollegen werfen ihm unstrukturierte Arbeitsweise vor, stoßen sich auch an seinem belehrenden Tonfall. Renesse wittert schließlich Mobbing, eine Bewerbung für einen Senatsvorsitz scheitert. Ab April 2010 bekommt er andere Aufgaben zugewiesen.

Seit Monaten nun wendet er sich an das Ministerium und das Parlament mit Beschwerden. Kutschaty sprach von „Hunderten E-Mails“. Er stellt Dienstaufsichtsbeschwerden und auch Strafanzeige wegen Vernichtung von zwei Dokumenten. „Eingestellt wegen mangelnden Tatverdachts“, sagte der Justizminister.

Eine höchst unerfreuliche Geschichte also für die NRW-Justiz. „Das internationale Ansehen steht auf dem Spiel“, sagte denn am Dienstag auch CDU-Rechtspolitiker Peter Biesenbach. Er sieht trotz des rund 45-minütigen Vortrags des Ministers noch etliche Fragen als ungeklärt an. Dabei geht es der Union vor allem um Kostenbeschlüsse über 500 000 Euro, die Renesse gegen die Rentenversicherung erlassen hat. Sie wurden von anderen Richtern wieder einkassiert. Biesenbach: „Ich kenne kein Verfahren, nach dem das möglich ist.“

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