Energiepolitik: Rot-grüne NRW-Regierung auf der Hut - „Kein Keil in der Koalition“

Zwei Schauplätze, ein Thema. In Berlin ringen Union und SPD um eine gemeinsame Linie in der Energiepolitik. Für eine große Koalition. In Düsseldorf bemühen sich die rot-grünen Regierungspartner wieder um Entspannung. Hannelore Kraft spielt eine zweifach wichtige Rolle.

Düsseldorf (dpa). Hannelore Kraft ist nicht physisch anwesend, aber doch präsent. Während die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin in Berlin für die SPD-Seite die Verhandlungen für eine große Koalition in Sachen Energie leitet, müssen die Regierungspartner daheim zu einer Sondersitzung im Landtag antreten. Einziger Tagesordnungspunkt des Wirtschaftsausschusses auf CDU-Antrag: „Rot-grüner Streit in der Energiepolitik.“

Dass diese in mehreren Punkten - etwa dem Braunkohletagebau Garzweiler II oder dem Kraftwerk Datteln VI - Konfliktstoff birgt, ist bekannt. Die Verhandlungen an der Spree geben den jüngsten Auseinandersetzungen in NRW aber zusätzliche Brisanz. SPD und Grüne in Düsseldorf sind auf der Hut und demonstrieren Einigkeit.

Gleich zu Beginn der Sonderrunde im Wirtschaftsausschuss stellt SPD-Fraktionsvize Rainer Schmeltzer Richtung CDU klar: „Sie wollen einen Keil treiben in die Koalition. Das wird Ihnen nicht gelingen.“ Kraft verfüge bei den Koalitionsverhandlungen über keine gute Verhandlungsbasis, meint der Energieexperte der CDU-Fraktion, Thomas Kufen: „Frau Kraft verhandelt in Berlin nach dem Regierungsprogramm der SPD und regiert in Düsseldorf nach dem rot-grünen Koalitionsvertrag. Das kann nicht gutgehen.“

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) ist da nicht in Sorge. Er sei sicher, dass Kraft „auf Basis des SPD-Regierungsprogramms die Interessen Nordrhein-Westfalens mit aller Entschiedenheit vertreten wird.“ Die Landesregierung mit ihr an der Spitze verfolge in Berlin Ziele und Leitlinien, die SPD und Grüne in Düsseldorf gemeinsam verabredet hätten. Dazu gehöre: Mehr Sicherheit für Investoren im Energiesektor, beschleunigter Netzausbau oder eine Reform des Emissionshandels.

Duin war es, der jüngst Ärger bei den Grünen ausgelöst hatte: mit seinem Ruf nach Milliarden-Subventionen für Betreiber fossiler Kraftwerke und einem gedrosselten Ausbautempo bei den Erneuerbaren Energien. Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) und Reiner Priggen als Grünen-Fraktionschef widersprachen deutlich. Die Grünen befürchteten umso mehr ein Bremsmanöver, als Kraft vor einigen Tagen sagte, die Energiewende dürfe nicht auf Kosten von Arbeitsplätzen und bezahlbarer Energie gehen. Im Landtag umschifft Duin die heißen Eisen am Donnerstag geschickt. Und in Berlin stellt Kraft klar, dass sie weder bremsen wolle noch Kohle-Lobbyistin sei.

Ohnehin hatte sich bis zur Sondersitzung die Aufregung bereits gelegt. Priggen betonte, in der Koalition gehe man „vernünftig“ miteinander um, trotz einiger unterschiedlicher Ansichten. Remmel - nicht im Ausschuss erschienen - sagte der dpa: „Im Vergleich zu den anderen Bundesländern haben wir nach fünf Jahren schwarz-gelbem Stillstand bei den Erneuerbaren Energien Aufholbedarf.“

Laut Koalitionsvertrag soll deren Anteil an der Gesamtstromerzeugung in NRW bis 2025 bei über 30 Prozent liegen. „Derzeit sind es erst 7 Prozent.“ Arbeitsplätze und Energiewende seien keine Gegensätze. In NRW gebe es schon rund 30 000 Arbeitsplätze, bundesweit 381 600 im Bereich der Erneuerbaren.

Blick in die Zukunft: Das nahezu fertiggebaute, aber wegen gravierender Planungsfehler derzeit gerichtlich gestoppte Steinkohle-Kraftwerke Datteln IV spaltet Grüne und SPD. Das Thema wird politisch wieder auf die Agenda kommen. Schwieriger noch ist es bei Garzweiler II. Über die Umsiedlungen der nächsten Ortschaften - ab 2016 geplant - wird ein Ausschuss der Kölner Bezirksregierung 2014 entscheiden.

Danach muss die Landesregierung Farbe bekennen. Dann könnte es zu mehr als einer Klimastörung in der Koalition kommen.

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