Vertrauen verloren Die Luft für die Ditib wird immer dünner

Eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft rückt angesichts der Konflikte in weite Ferne.

Symbolbild

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Foto: Roland Weihrauch

Düsseldorf. Volker Beck, religionspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, hält von der Forderung der NRW-Landesregierung an die die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion nicht viel: „Wer glaubt, die Ditib sei unabhängig, wenn sie erklärt, sie sei unabhängig, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten.“ Statt darauf zu hoffen, dass sich der Dachverband von Ankara löse, müssten sich die Muslime in Deutschland in islamischen Religionsgemeinschaften zusammenfinden „und ihren politischen und staatlichen Ballast abwerfen“.

Damit legt er einen Finger in die Wunde der laufenden Diskussion um die Ditib. Denn so sehr Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) auch mit Konsequenzen aus der Spionage-Affäre droht und von einem „sehr tief beschädigten Vertrauen“ spricht, so sehr betont er andererseits, dass man grundsätzlich mit der Ditib als dem größten Islamverband in Deutschland im Gespräch bleiben müsse.

Während Joachim Stamp, integrationspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, fordert, die Zusammenarbeit mit der Ditib schon jetzt auf Eis zu legen, hält Becks Parteikollegin und NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann an ihrer bisherigen Linie fest. Über die künftige Rolle des Verbands im Beirat für den islamischen Unterricht in NRW soll erst entschieden werden, wenn der Generalbundesanwalt geprüft hat, ob und in welchem Umfang die Ditib die Spitzeleien einiger ihrer Imame gesteuert hat.

Aber schon jetzt ist klar: Die Luft für die Ditib wird dünner. Aus der SPD kommen immer ungeduldigere Reaktionen. „Wenn sich die Spitzelvorwürfe bestätigen, dann können wir als Staat nicht mehr mit der Ditib zusammenarbeiten“, sagt Ibrahim Yetim, integrationspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Auch wenn es im leidtue für diejenigen der Ditib-Gemeinden, die sehr reformorientiert seien „und selbst Schwierigkeiten mit Ankara haben“.

Derzeit läuft die Diskussion um den türkischen Einfluss auf die Ditib noch auf vielen Einzelfeldern, ohne dass eine Gesamthaltung erkennbar wäre. Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte im vergangenen September die Zusammenarbeit mit der Ditib beim Präventionsprogramm „Wegweiser“ beendet, mit dem Jugendliche vor dem Abdriften in den gewaltbereiten Salafismus geschützt werden sollen. Anlass war ein Comic, der den Märtyrertod verherrlichte.

Die Spionage-Affäre und die dabei angeschwärzten fünf Lehrer haben den Blick auf den Beirat für den Islamunterricht gelenkt. Und daneben steht schon lange die von der Ditib angestrebte Anerkennung als Religionsgemeinschaft analog zu den christlichen Kirchen im Raum. Bereits nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei war Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) auf Distanz zur Ditib gegangen. Sie dürfte inzwischen nicht geringer geworden sein. Das noch ausstehende Gutachten habe sich erledigt, wenn die Spitzelvorwürfe belegt seien, glaubt Ibrahim Yetim.

Der Ditib-Landesvorsitzende Ersin Özcan mag die Entwicklung der vergangenen Monate noch nicht recht glauben. „Wir sind dabei, eigene Imame auszubilden. Und die über 980 Moscheevereine haben seit 35 Jahren in der Mehrheitsgesellschaft eine super Integrationsarbeit geleistet.“ Die Spionage sei nicht zu akzeptieren. Aber in seiner Gemeinde in Wuppertal-Elberfeld habe er noch vor zwei Tagen mit einem Gülen-Anhänger Tee getrunken und sich unterhalten. Den Vorwurf, türkische Konflikte auf deutschem Boden auszutragen, kann er daher nicht nachvollziehen. „Das gibt es bei uns nicht.“

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