Der andere Wahlkampf

Gelegentlich hat man den Eindruck, dass nur eine Partei Wahlkampf betreiben will: die SPD. Seit Wochen zeigen Sozialdemokraten eine erhöhte Interviewbereitschaft, am kommenden Wochenende will die Partei ihr Wahlprogramm vorstellen und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier öffentlich feiern.

Aber dieser Wahlkampf birgt Risiken.

Die Krise hat die Welt derart in ihren Grundfesten erschüttert, dass ein "normaler" Wahlkampf schwer vorstellbar ist. Nachdem die vermeintliche Rationalität des Wirtschaftssystems versagt hat, müssen Politiker ihren Wählern das Gefühl vermitteln, dass sie Auswege finden können. Die Republik dürfte damit der personalisierten Wahl nach amerikanischem Vorbild näher rücken.

Deshalb setzten die Christdemokraten ausschließlich auf die Popularität der Kanzlerin und bleiben inhaltlich vage, womit sie zugleich nur ein Angriffsziel bieten: Angela Merkel. Die Sozialdemokraten haben das Ziel akzeptiert, wie die Angriffe auf die Führungsstärke Merkels beweisen. Aber Dreckschleudern kann kontraproduktiv sein.

Einige Sozialdemokraten fürchten, dass die Demontage der Kanzlerin das eigene Ansehen nicht steigert. Erschwerend kommt hinzu, dass die SPD die Zustimmung von Frauen nicht gefährden darf. Frauen, die Merkel 2005 noch nicht wählen wollten, aber heute von einer modernen Familienpolitik profitieren, könnten es verübeln, wenn Männer die Kanzlerin zur schwachen Figur erklären.

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