NRW Besserstellung von Frauen per Gesetz verfassungswidrig?

Rechtsprofessor bestätigt die Auffassung der FDP zu der umstritten Beförderungsregelung im Landesbeamtengesetz.

Symbolbild.

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Foto: Wolfgang Kumm

Düsseldorf. „Frauen sind bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern...“ Schon bevor diese Vorschrift des NRW-Beamtengesetzes über die Beförderung am 1. Juli 2016 in Kraft trat, hatte sie für erbitterten Streit gesorgt. Politisch und vor Gerichten. Laut dem FDP-Abgeordneten Ralf Witzel haben 75 Beamte Klage eingereicht, in fünf Beschlüssen hätten Verwaltungsgerichte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Beförderung gestoppt. Folge laut FDP-Parteichef Christian Lindner: flächendeckend würden Beförderungen ganz ausgesetzt.

Die FDP hielt die mit rot-grüner Mehrheit durchgesetzte Regelung im Landesbeamtengesetz von vornherein für verfassungswidrig. Damit würden Frauen nur aufgrund ihres Geschlechts Männern vorgezogen. Und zwar auch dann, wenn sie über schlechtere Leistungen verfügen. Jetzt hat sich die Partei diese Auffassung von kompetenter Stelle bestätigen lassen. Janbernd Oebbecke, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an der Uni Münster, kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss: Das Land hatte für eine solche Regelung gar keine Gesetzgebungskompetenz. Daher sei sie verfassungswidrig.

Der Rechtsprofessor begründet das so: Nach dem Grundgesetz regle der Bund Statusfragen der Beamten. Und das habe er dadurch getan, dass es dem Dienstherrn nur „bei gleicher Qualifikation“ erlaubt sei, Frauen zu bevorzugen. Wenn der Bundesgesetzgeber dies aber so geregelt habe, sei kein Raum mehr für eine dem widersprechende landesgesetzliche Regelung. Und eben darum gehe es bei § 19 VI, der die Bevorzugung von Frauen schon bei „im Wesentlichen gleicher Befähigung“ vorschreibe.

Nun kann ein von der FDP beauftragter Gutachter die Sache freilich nicht rechtsverbindlich klären. Und die rot-grüne Landtagsmehrheit lässt die Sache laufen. Indem sie abwartet, was bei den verwaltungsgerichtlichen Verfahren herauskommt. Doch das kann lange dauern. Ebenso lange besteht die Unsicherheit bei den Beförderungen. Denn erst einmal müsste ein Verwaltungsgericht in einem Hauptsacheverfahren — also nicht nur in einem Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz — zu der Rechtsauffassung gelangen, dass der § 19 VI verfassungswidrig ist. Auch dann könnte dieses Gericht nicht einfach sagen, dass der Paragraf nicht gilt. Vielmehr müsste das Verfahren ausgesetzt und die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden. Das würde zwei Jahre und mehr dauern, sagt Lindner, bestätigt von dem durch die FDP beauftragten Gutachter.

Nun gäbe es eine Alternative, die Sache zu beschleunigen. Ein Normenkontrollverfahren. Dem Landesverfassungsgericht in Münster würde die Frage zur Entscheidung vorgelegt, dieses würde verbindlich darüber entscheiden, ob die landesgesetzliche Regelung verfassungswidrig ist oder nicht. Hier läge die Verfahrensdauer wohl unter einem Jahr, so Lindner und der Rechtsprofessor. Haken an der Sache: Die FDP kann ein Normenkontrollverfahren allein nicht anstoßen, weil dabei ein Drittel der Abgeordneten des Landtags mitmachen müsste. Die CDU zeigt der FDP aber die kalte Schulter, was Lindner als „Rücksichtnahme auf die Grünen vor der Landtagswahl“ bezeichnet. Im Klartext: die CDU wolle es sich nicht mit einem möglichen Koalitionspartner verderben.

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