Kritik an Initiative Bäcker in NRW laufen Sturm gegen Hygiene-Ampel

Weil die Bewertung ungenau sei, befürchten Betriebe Nachteile bei kleinsten Verfehlungen. Minister Remmel lobt den Pilotversuch.

Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) macht sich für die Hygiene-Ampel bei Lebensmitteln stark. (Archivfoto)

Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) macht sich für die Hygiene-Ampel bei Lebensmitteln stark. (Archivfoto)

Foto: Ministerium

Düsseldorf. 800 000 Tüten sind im Umlauf, 164 Bäckerei-Betriebe in Nordrhein-Westfalen machen mit: Wer in den nächsten Wochen Brötchen beim Bäcker kauft, wird häufig die „Remmel-Semmel“ erwerben und auf der Brötchen-Tüte vom rheinischen Bäckerhandwerk das erklärt bekommen, was die Bäcker in diesen Tagen tief bewegt: Sie laufen Sturm gegen die von NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) geplante Hygiene-Ampel.

Mit den Farben Grün, Gelb und Rot will Remmel die Kontrollergebnisse über die Sauberkeit in den 150 000 Lebensmittelbetrieben des Landes öffentlich ausweisen — und auf diese Weise als einziges Bundesland das Verbraucherschutzinteresse in den Mittelpunkt stellen. Das Gesetz soll voraussichtlich im Frühjahr verabschiedet und nach einer Übergangsfrist von drei Jahren für alle Betriebe verbindlich werden.

„Viel zu plakativ für die Komplexität des Themas“ — sagt Verbandsvertreter Walter Dohr. Mit der Ampel würden leichtfertig Firmenexistenzen aufs Spiel gesetzt, weil Beurteilungsmaßstäbe zu oft unklar, zu wenig klar ausgewiesen in der Bewertung und zu oft abhängig von der Auslegung des jeweiligen Lebensmittelprüfer seien. Die Bäcker befürchten mit einer roten Hygiene-Ampel einen unter Umständen existenzbedrohenden Pranger.

„Wir möchten nicht, dass Betriebe öffentlich angeprangert werden und damit ihre Existenz und viele Arbeitsplätze verloren gehen — und dies auf der Grundlage einer einzigen Entscheidung eines Kontrolleurs, der vielleicht auch einmal einen schlechten Tag hat“, sagt der stellvertretende Landesinnungsmeister Bernd Rott. Wer etwa bei der schriftlichen Dokumentation Mängel habe, könne kaum die Einstufung grün erhalten — der Verbraucher denke dann aber, es hapere an der Hygiene.

Weitere Kritikpunkte: Die Überprüfung trage der Betrieb finanziell jeweils selbst (65 Euro). „Das ist eine Lizenz zum Gelddrucken“, kritisierte Rott. Und: Eine Negativ-Einstufung müssten Betriebe monatelang mitschleppen, bevor sie Anspruch auf eine Nachprüfung hätten, warnte Verbandsgeschäftsführer Walter Dohr. „Drei bis vier Wochen — mehr Zeit darf da nicht vergehen.“ Schon jetzt gebe es einen Bußgeldkatalog für „Schwarze Schafe“. Deshalb sei der bundesweit „einzigartige Alleingang von NRW überflüssig und schädlich“.

Remmel weist die Kritik zurück. „Wir zeichnen die Betriebe aus, die gut sind und erhöhen den Druck auf die Schwarzen Schafe“, sagte Remmel unserer Zeitung. „Ich würde mir wünschen, dass die Verbände sich mehr auf die Seite der guten Betriebe stellen als vor die Betriebe, die ganze Branchen in Verruf bringen.“ Ein Pilotversuch in Bielefeld und Duisburg sei ein voller Erfolg gewesen und habe gezeigt, welche Vorteile die Hygiene-Ampel bringt. „Das geplante System schafft Transparenz, Sicherheit und Vertrauen und fördert einen positiven Wettbewerb.“

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