Gesundheit : Arztermin: Privatpatienten werden in NRW bevorzugt
Untersuchung der Grünen: Gesetzlich Versicherte müssen in NRW im Schnitt 27 Tage länger auf eine Behandlung warten. Einige Ärzte lassen sich deutlich mehr Zeit.
Düsseldorf. Gesetzlich Krankenversicherte in Nordrhein-Westfalen müssen immer länger auf einen Termin beim Facharzt warten. Das hat eine Untersuchung der Grünen ergeben, die unserer Zeitung vorliegt. Im Schnitt warten Kassenpatienten demnach 36 Tage, Privatpatienten dagegen nur neun. Daraus ergibt sich eine längere Wartezeit von durchschnittlich 27 Tagen. Im Vergleich zu einer ähnlichen Untersuchung im Herbst 2014 hat sich Benachteiligung der Kassenpatienten sogar um sieben Tage verlängert. Für die Erhebung wurden im März 405 Facharztpraxen in ganz NRW zweimal in kurzen Abständen hintereinander angerufen — einmal bat ein Kassenpatient um einen Termin, einmal ein Privatpatient. In allen Fällen ging es um akute Beschwerden wie Gelenkschmerzen, Hautausschlag oder Rückenprobleme.
In vielen Fällen unterschieden sich die Wartezeiten um mehr als 100 Tage. „Spitzenreiter“ war ein Augenarzt aus Bonn: Der Kassenpatient bekam erst in 365 Tagen einen Termin, der privat Versicherte bereits nach sieben Tagen. Bei einem Radiologen aus Paderborn musste der gesetzlich Versicherte 268 Tage warten, der Privatversicherte konnte am nächsten Tag kommen. Auffällig auch ein Hautarzt aus Wuppertal: Der Kassenpatient bekam in 73 Tagen einen Termin, der Privatpatient in drei Tagen.
Bei rund 30 Prozent der angerufenen Praxen machte es dagegen keinen oder kaum einen Unterschied, ob ein Kassenpatient oder ein Privatversicherter einen Termin wollte. Die Bundesregierung hat die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) per Gesetz dazu verpflichtet, Facharzttermine für Kassenpatienten binnen vier Wochen zu vermitteln, wenn es eine dringende Überweisung des Hausarztes gibt. Diese Terminservicestellen haben vor gut einem Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Die Resonanz ist allerdings ernüchternd: Bundesweit gab es 2016 etwa 580 Millionen ambulante Behandlungsfälle. Weniger als 120 000 dieser Patienten wurden durch die Servicestellen vermittelt.