Parteitag der CDU NRW Armin Laschet misslingt die Vorwahl

Der Islam gehört nicht zur Gesellschaft. Zumindest nicht für die NRW-CDU. Das Grundsatzprogramm fällt hinter die Positionen des Vorsitzenden zurück.

Armin Laschet ging auf dem Parteitag nur kurz auf seine „Klausuren-Affäre“ ein.

Armin Laschet ging auf dem Parteitag nur kurz auf seine „Klausuren-Affäre“ ein.

Foto: Roland Weihrauch

Essen. Vielleicht ist Armin Laschet an diesem Samstagmorgen heimlich dankbar für seine „Noten-Affäre“ um verschwundene Klausuren und ausgedachte Beurteilungen. Der Parteivorsitzende entschuldigt sich vor den 600 Delegierten für eine „nicht besonders geistreiche Erklärung“, legt die Partei auf eine Reservierung des Ehe-Begriffs für die Gemeinschaft von Mann und Frau fest — und erwähnt sein persönliches Kernthema Integration und Islam mit keinem Wort.

Der Parteitag mit der Abstimmung über das Grundsatzprogramm hätte für Laschet zu einer heimlichen Vorwahl als Spitzenkandidat der NRW-CDU zur Landtagswahl 2017 werden können, hätte die Parteibasis nicht mit aller Deutlichkeit entschieden, die Uhren auf das Jahr 2010 zurückzudrehen — bevor der damalige Bundespräsident Christian Wulff in seiner Rede zum 3. Oktober den Satz „der Islam gehört zu Deutschland“ sagte. Das sollte im Grundsatzprogramm der NRW-CDU harmloser klingen: Nicht zu Deutschland, aber zur Gesellschaft sollte der Islam im Textentwurf gehören.

Als Laschet in Essen das Podium betritt, weiß er bereits, dass es damit nichts werden wird. Etliche Kreisverbände sowie der Evangelische Arbeitskreis und die Junge Union fordern in Änderungsanträgen zum Grundsatzprogramm, den Satz noch weiter abzuschwächen: Nicht der Islam, sondern „die Muslime“ sollen nun „Teil“ der Gesellschaft sein. Um Diskussionen darüber zu vermeiden, übernimmt die Antragskommission den Vorschlag; die rund 600 Delegierten winken ihn durch.

Das hätte ins Auge gehen können: Denn pünktlich zum Parteitag wartet der „Spiegel“ mit „Umtrieben“ Laschets auf und breitet genüsslich Kritik daran aus, dass für die Arbeit an dem sechs Jahre alten Buch des früheren NRW-Integrationsministers „Die Aufsteiger-Republik: Zuwanderung als Chance“ etliche Ministeriums-Mitarbeiter eingespannt worden seien. Weiter handelt die „Spiegel“-Attacke von der angeblich auffälligen Karriere-Förderung Laschets für junge Frauen mit Migrations-Hintergrund.

Der Parteitag beginnt mit einem Kruzifix auf der Bühne, einer katholisch-evangelischen „Morgenbesinnung“, Kirchenliedern und dem Beten des „Vaterunser“. Dem CDU-Parteitag gelingt es, einen Grundsatzbeschluss zu fassen, der die Ehe weiter für Mann und Frau reserviert, ohne dass vor dem Mikrofon der Begriff „Homo-Ehe“ überhaupt fällt. Die Junge Union würde das Ehe-Thema zumindest gern ein bisschen weiter öffnen, weil ihr offenbar schwant, dass die Partei sich gerade darauf festlegt, auf Jahre hinaus anderer Meinung als die Bevölkerungsmehrheit zu sein. Doch darüber gibt es in Essen keine Diskussion mehr.

Laschet spricht von einer „Verfilzungskette“ bei der SPD Sven Sprenger und seine Mitstreiter wissen vorher, dass sie sich bei diesem Parteitag nicht durchsetzen werden. „Aber wir wissen auch, dass die CDU mehrheitlich bereit ist, bunter zu werden“, sagt der Landesvorsitzende der LSU. Und er ist zuversichtlich, dass die LSU mit ihren bundesweit 400 Mitgliedern, von denen 100 in NRW leben, zu einer „anerkannten Sonderorganisation“ der CDU wird. LSU steht für „Lesben und Schwule in der Union“. Als sie sich vor 17 Jahren gegründet hätten, seien sie nicht einmal ernst genommen worden, sagt Sprenger. Diesmal hat die LSU einen eigenen Stand und verteilt Flugblätter. Drinnen, nicht vor der Tür.

Laschet greift in seiner Rede munter die SPD an, spricht von der falschen Kölner Wahlauszählung und ihrer späten Revision als einem Beispiel für die „Verfilzungskette“ der SPD und bringt sich schon mal vor Kritik in Sicherheit, falls die Bürgermeister- und Landratswahlen im September wieder zu Lasten der CDU ausgehen sollten. Er lobt Hans-Wilhelm Reiners als Vorbild: Es komme nämlich auf Personen an, es sei Quatsch, dass die CDU ein Großstadtproblem habe. Reiners staunt: „Ich glaube, das ist das erste Mal, dass Mönchengladbach auf einem Landesparteitag überhaupt erwähnt worden ist.“

Einstimmig ohne Enthaltung beschließen die noch 580 Delegierten das Grundsatzprogramm. Und geben Laschet einen Denkzettel mit: Bei der Wahl von 52 Delegierten zum nächsten Bundesparteitag wählen sie ihn auf Platz drei. Mit nur 66,1 Prozent der Stimmen. Hinter Karl-Josef Laumann. Zur Erinnerung. Wie weit der Weg noch bis zur Spitzenkandidatur 2017 ist.

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