Analyse: Das Beben von Hessen erschüttert auch NRW

Das Scheitern von Ypsilanti erhöht den Druck auf SPD-Landeschefin Hannelore Kraft.

Düsseldorf. Hannelore Kraft erreichte die Nachricht in Berlin. Sie saß mit den anderen SPD-Granden in der Präsidiumssitzung ihrer Partei, als in Hessen die politische Bombe platzte. Die Stimmung war dann mal wieder auf SPD-Normalmaß: Es herrschte Alarm. Auch für Kraft ein Schock, reicht doch das Beben aus Wiesbaden rheinabwärts direkt bis Düsseldorf.

Denn auch in NRW war bis Montag eine Tolerierung einer rot-grünen Regierung durch die Linkspartei zumindest ein Denkmodell. Die Linken hatten jüngst erst auf ihrem Landesparteitag die Duldung von Rot-Grün nicht ausgeschlossen. Gerade der Landeschef Wolfgang Zimmermann hatte sich dafür eingesetzt. Er ist nun enttäuscht. "Ich bin fassungslos. Diese SPD ist derzeit nicht in der Lage, einen grundlegenden Politikwechsel zu organisieren", sagte er unserer Zeitung.

Kraft hatte sich zu Hessen immer zurückhaltend geäußert, mit Blick auf die knappen Mehrheiten im Landtag von einer Wahl zur Ministerpräsidentin abgeraten: "Ich persönlich würde es nicht tun." Doch Ypsilanti hat nicht gehört.

Die NRW-SPD geht nun schweren Zeiten entgegen, weil CDU und FDP schon seit Monaten eine klare Absage an die Linken fordern. Die hat Kraft bisher aus taktischen Gründen verweigert, nun nimmt der Druck noch zu. "Moralisch verwerflich und unglaubwürdig" nannte sie das Verhalten der Abweichler in Hessen. Mit Blick auf NRW sagte sie: "Wir fühlen uns in der Position, die wir seit langem haben, bestätigt, die Auseinandersetzung und nicht die Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke zu suchen."

Eine klare Absage war das nicht, CDU und FDP lassen nicht locker. "Mit dem Scheitern von Frau Ypsilanti in Hessen ist auch der Linkskurs von Frau Kraft in NRW gescheitert", sagte der Generalsekretär der NRW-CDU, Hendrik Wüst. "Hannelore Kraft muss jetzt aus Hessen die Konsequenzen ziehen, ihrer Partei und unserem Land eine solche Zerreißprobe zu ersparen", sagte Christian Lindner, Generalsekretär der NRW-FDP.

Für Kraft und die NRW-SPD ist die Lage noch schwieriger geworden. Ab Donnerstag kann sie sich mit Parteichef Franz Müntefering und den Fraktionschefs aus den anderen Bundesländern beraten. Die kommen zur turnusgemäßen Konferenz nach Düsseldorf. Eine hat abgesagt: Andrea Ypsilanti.

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