Asylverfahren Abschiebung in Maghreb-Staaten problematisch

In diesem Jahr wird mit 100 000 neuen Asylverfahren in NRW gerechnet. Die Zahl der Abschiebungen ist rückläufig und liegt weit hinter den Erwartungen.

Nach wie vor hakt es bei den Abschiebungen. (Symbolfoto)

Nach wie vor hakt es bei den Abschiebungen. (Symbolfoto)

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Düsseldorf. Die sieben Verwaltungsgerichte in NRW sind der wachsenden Zahl von Asylverfahren nicht mehr gewachsen. Im vergangenen Jahr gab es an Rhein und Ruhr rund 51000 Klagen von Menschen, deren Antrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) abgelehnt worden war.

2017 rechnet die Vereinigung der Verwaltungsrichter in NRW mit etwa 100000 neuen Fällen. „Das ist nicht mehr zu schaffen“, sagte Jost Frank im Gespräch mit unserer Zeitung. Er ist Geschäftsführer der Vereinigung und Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Düsseldorf.

Deutliche Kritik übte Frank an den Bescheiden des Bamf. „Das Asylrecht ist komplex. Bescheide von hoher Qualität brauchen Zeit. Aber diese Zeit hat das Bamf nicht“, sagte Frank. „Die Ermittlungen bei den Asylanträgen liegen jetzt bei den Richtern, aber da gehören sie nicht hin.“

Allein die mündliche Verhandlung dauert laut Frank pro Kläger im Schnitt eine Stunde. Als Basis zur Prüfung der Anträge dienen nach seinen Angaben Lageberichte des Auswärtigen Amtes aus den Herkunftsländern. Bei Unklarheiten gebe es Nachfragen beim Auswärtigen Amt. Es könne mitunter sehr lange dauern, bis es eine Antwort gebe. Die Klage-Verfahren dauern im Schnitt sechs bis neun Monate.

Dass Asylfälle vorgezogen werden, bestreitet Frank. Robert Seegmüller, Vorsitzender des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, spricht mit Blick auf die bundesweite Situation von einer „dramatischen Lage“. Nach seinen Angaben sind derzeit gut 250000Klagen gegen Asylbescheide anhängig. „Wir stoßen komplett an unsere Grenzen“, sagte Seegmüller.

Um die Justiz zu entlasten, wurden allein an den Verwaltungsgerichten in NRW 59neue Richter-Stellen geschaffen. Laut Frank reicht das aber nicht aus. Ob die neue Landesregierung nachbessern will, ist offen. Eine entsprechende Anfrage konnte der neue Justizminister Peter Biesenbach (CDU) gestern noch nicht beantworten.

Unterdessen gibt es erheblich weniger Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern als erwartet. Das zeigen Zahlen aus dem Bundesinnenministerium. Demnach wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres lediglich 12500 Ausreisepflichtige in ihre Herkunftsländer zurückgebracht, neun Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. 2016 wurden insgesamt etwa 25000 Abschiebungen durchgeführt. Zum Vergleich: Bundesweit gibt es derzeit etwa 226 500 Ausreisepflichtige.

Verbesserungen gibt es zwar bei der Abschiebung in die sechs Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien. Große Probleme bereiten dagegen nach wie vor die Abschiebungen in den Maghreb, also die nordafrikanischen Staaten Tunesien, Marokko und Algerien. Obwohl die Bundesregierung diesen Ländern klar gesagt hat, dass eine gute Kooperation mit finanzieller Hilfe belohnt wird, gibt es bei den Abschiebungen keine nachhaltige Verbesserung.

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