Meinung Kriminalstatistik: Gewalt als politisches Mittel darf nicht toleriert werden

Meinung | Berlin · Der Rückgang bei der politisch motivierten Kriminalität insgesamt ist zwar ein gute Nachricht, ändert aber am grundlegenden Befund nichts: Deutschland wird weiterhin von links- und rechtsextremistischen Straftätern bedrohlich in die Zange genommen.

 Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Foto: krohnfoto.de

Die immer offener zu Tage tretende Feindseligkeit gegenüber anderen spiegelt sich insbesondere in der besorgniserregenden Zunahme der fremdenfeindlichen und antisemitischen Taten wider. Da ist es zumindest ein Lichtblick, dass die Behörden ihre Aufklärungsquote erhöhen konnten. Die Verbesserungen der letzten Jahre bei Ausstattung und Personal zeigen Wirkung.

Gewalt ist inzwischen zum Mittel in der politischen Auseinandersetzung geworden. Das ist die Negativ-Nachricht der in Berlin vorgestellten Daten. Und zwar in einer Breite, wie es vor Jahren noch unvorstellbar gewesen ist. Beleidigungen und Pöbeleiben haben die Akzeptanz für andere Meinungen abgelöst, anstelle des Arguments steht nicht selten die Drohung - und dann wird auch brutal gehandelt. Linksextreme suchen sich meist Polizisten oder Rechte zum Ziel, Rechte fokussieren sich auf Linke, auf Asylbewerberheime und andere Religionen. Alle haben freilich eins gemein: Im Netz bereiten sie den Boden für ihr Handeln. In den Filterblasen gibt es nämlich meist nur eine Wahrheit. Dort wird gehetzt, gehasst und gelogen was das Zeug hält.

Die alte Binsenweisheit, wonach die böse Tat dem bösen Wort folgt, ist daher wahrer denn je. Wenn Minister Seehofer nun sagt, die Behörden müssten rechtlich und technisch mit dieser Entwicklung mithalten können, dann stimmt das. Mehr digitale Vernetzung und Kompetenzen sind dringend notwendig. Denn es kann nicht sein, dass beispielsweise Rechtsextreme im Internet besser vernetzt sind und kommunizieren als der Staat und seine Sicherheitsorgane, wie das vor einigen Monaten vor den schweren Ausschreitungen in Chemnitz der Fall gewesen ist. So etwas darf sich nicht wiederholen.

Allerdings ist die Entwicklung auch nicht einfach vom Himmel gefallen. Sondern sie resultiert aus einem veränderten politischen Klima, zu dem Seehofer in der Vergangenheit selbst beigetragen hat. Und zahlreiche andere auch. Vieles, was früher an Ablehnungen und Äußerungen undenkbar war, ist seit einigen Jahren salonfähig geworden, erst Recht seit der Flüchtlingskrise. Wer hier ein Stoppschild setzen will, muss dies auch politisch klar tun. Der darf einer lautstarken Minderheit nicht ständig hinterherlaufen in der Hoffnung, Kapital daraus schlagen zu können. Der darf ihr auch nicht den Ton in der Debatte überlassen. Übrigens gilt das nicht nur für die Politik. Das fängt im Privaten an.

Politische Gewalt, egal aus welcher Ecke, ist nicht zu tolerieren. Nicht offline, aber auch nicht online. Antisemitismus schon gar nicht. In einer demokratischen Gesellschaft ist dies alles zu verurteilen und zu bekämpfen. Mit Worten und Taten. Mehr denn je.

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