Krawall oder Aufklärung?

wahlkampf-spektakel Haushaltsausschuss untersuchte die „Dienstwagen-Affäre“, die „Berater-Affäre“ und die „Ackermann-Affäre“.

Berlin. Nach fünf Stunden waren die Haushaltspolitiker über die drei „Affären“ nicht sehr viel schlauer. Dabei wollte die Opposition die Regierung gestern eigentlich kräftig vorführen im Haushaltsausschuss des Bundestages. Stoff gab es genug: die Dienstwagenfahrten von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am spanischen Urlaubsort, die externen Gesetzesberater von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und das Dinner für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im Kanzleramt.

„Das Abendessen bestand offenkundig aus Spargel, Schnitzel und Erdbeeren“, sagte der CDU-Politiker Steffen Kampeter über die illustre Runde bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im April 2008. „Die Skandalisierung der Opposition hat keinen Erkenntnisgewinn für den deutschen Steuerzahler gebracht.“ Das beurteilt die Opposition naturgemäß anders. Sie sieht die Vorwürfe weiter nicht ausgeräumt.

In einem Fall gab es dann doch Neuigkeiten: In Schmidts Dienstwagen fuhr bereits 2008 „noch jemand“ mit nach Spanien. Das räumte die Ministerin – offenbar ganz ohne Not – überraschend ein. Wer, bleibt unklar. Die weitere Aufklärung stockt, denn Union und SPD wollen keine weitere Prüfung durch den Bundesrechnungshof. Die Koalitionäre machten nochmals gemeinsame Sache nach dem Motto: Die Union kritisiert Schmidt nicht, die SPD lässt Guttenberg in Ruhe.

Guttenberg musste als erster auf die Bühne. Der Vorwurf gegen den Shooting-Star im Kabinett und Umfrage-König: Er ließ einen Gesetzestext von der britischen Anwaltskanzlei Linklaters zur Bankenrettung schreiben. Nicht unüblich in den Berliner Ministerien, aber ziemlich ungeschickt gemacht, räumen selbst Parteifreunde ein. Der CSU-Mann lässt nicht gelten, dass die Kanzlei ein Gesetz schrieb. „Beraten ja.“ Und: Er würde es immer wieder tun, wenn es um so schwierige Materie wie eine Zwangsverwaltung für marode Banken gehe.

Weniger souverän zeigte sich Schmidt nach der Befragung. Sie steht seit Wochen wegen ihrer Dienstfahrten nach Spanien unter Beschuss. Einen Regelverstoß gab es zwar auch hier nicht, ihr Umgang mit den Vorwürfen nervt aber auch die eigenen Reihen. Die Dauerkritik ging an ihr nicht spurlos vorbei. Schmidt wirkte Teilnehmern zufolge überaus nervös und verkündete danach sichtlich angespannt: Nun soll es genug sein. Sie will wieder über Gesundheitspolitik reden.

Dritter Akt in dem „Affären“-Stück vor dem Ausschuss war das Geburtstags-Essen für Deutschlands mächtigsten Banker, das die Regierungschefin für ihn und etwa 25 Gäste im April 2008 ausgerichtet hat. Für die einen eine Party und Sause auf Steuerzahlerkosten nach dem Gusto Ackermanns, für die anderen ein übliches Treffen mit Spitzen der Gesellschaft in lockerer Runde.

Linke und Grüne nutzten das Medienaufgebot, um ihre Vorwürfe zu erneuern: Nein, nicht um Kosten für Schnitzel und Spargel gehe es, sondern um Banken-Macht und Distanzlosigkeit. Gesine Lötzsch von der Linkspartei sagte es auf ihre Art: „Dieses Essen ist die Spitze des Eisberges, der im Lobbyismussumpf in der Bundesrepublik steht.“

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