Jahrhundertprozess am „Ground Zero“

Der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 und vier seiner Helfer sollen in New York vor Gericht gestellt werden.

Washington. Ursprünglich waren geheime Militärtribunale auf Guantanamo Bay geplant, nun muss sich der Drahtzieher der verheerenden Anschläge vom 11. September 2001 einem Strafgericht in den USA stellen. Chalid Scheich Mohammed und vier weiteren Verdächtigen soll in New York ein Jahrhundertprozess gemacht werden. Ausgerechnet wenige hundert Meter von jener Stelle entfernt, wo vor acht Jahren die Zwillingstürme des World Trade Centers einstürzten.

Überraschend kündigte US-Justizminister Eric Holder an, dass Mohammed im Südbezirk von Manhattan vor Gericht gestellt werden soll. Dort fanden bereits mehrere Verfahren gegen Terrorverdächtige statt.

Entscheidend für die Wahl New Yorks dürfte unter anderem die symbolische Bedeutung eines Strafverfahrens in der Nähe von "Ground Zero" sein. Dort gedenken jedes Jahr Millionen von Menschen der Opfer. Dort soll bis 2014 ein neuer, aus mehreren Wolkenkratzern bestehender Gebäudekomplex entstehen.

Der in Pakistan geborene Mohammed hat gegenüber US-Ermittlern bereits gestanden, der Chefplaner der Anschläge gewesen zu sein. 1996 soll er El-Kaida-Chef Osama bin Laden vorgeschlagen haben, mehrere simultane Attacken gegen prominente Ziele in den USA durchzuführen. In den darauffolgenden Jahren organisierte Mohammed in Afghanistan und Pakistan die Rekrutierung und Ausbildung der Flugzeugentführer.

In New York werden außerdem Ramzi Binalshibh, Mustafa Ahmad al-Hawsawi, Ali Abd al-Asis Ali und Walid bin Attasch, bin Ladens früherer Leibwächter angeklagt. Dem zur Hamburger Terrorzelle gehörenden Binal-shibh wird vorgeworfen, den Entführern bei der Einreise in die USA geholfen und Flugschulen für sie gefunden zu haben.

Obwohl Präsident Barack Obama mit den New Yorker Prozessen seinem Ziel, das Gefangenenlager auf Guantanamo zu schließen, einen wichtigen Schritt näherkommt, ist seine Entscheidung politisch höchst umstritten. Führende Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses haben die Befürchtung geäußert, dass Prozesse gegen Terrorverdächtige, die anschließend in Zivilgefängnissen landen könnten, eine große Gefahr für die US-Öffentlichkeit darstellen würden. Die Verurteilten könnten selbst hinter Gittern neue Anschläge vorbereiten, so die Befürchtung.

Insbesondere in Michigan und Kansas, wo zwei Hochsicherheitsgefängnisse für die Unterbringung von Guantanamo-Häftlingen designiert sind, laufen Politiker gegen Obamas Pläne Sturm. Positiv reagieren hingegen Menschenrechtsorganisationen. Sie verweisen darauf, dass Strafverfahren in den USA sowohl die Regierung als auch das Militär und die Geheimdienste zwingen werden, sich öffentlich mit den umstrittenen Verhörmethoden auseinanderzusetzen.

Bis zum Jahresende werden die Verdächtigen nach New York überstellt. Unklar ist, ob die Regierung für die Angeklagten die Todesstrafe verlangen wird.

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