Interview „Scheuer hat sich verzockt“

Ein Untersuchungsausschuss soll die Affäre um die gescheiterte Pkw-Maut aufarbeiten. FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic über die Rolle von Verkehrsminister Scheuer, den Kronzeugen der Opposition und mögliche Konsequenzen.

 Die Affäre um die gescheiterte Pkw-Maut wird ein Fall für einen Untersuchungsausschuss im Bundestag.

Die Affäre um die gescheiterte Pkw-Maut wird ein Fall für einen Untersuchungsausschuss im Bundestag.

Foto: dpa/Jens Büttner

Herr Luksic, was soll der U-Ausschuss herausfinden?

Oliver Luksic: Wir wollen beweisen, dass Verkehrsminister Scheuer mehrfach das Recht gebrochen hat. Weil er Verträge unterschrieben hat, die völlig unüblich sind und nicht hätten unterschrieben werden dürfen.

Scheuer sagt, er habe nur die Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat umgesetzt.

Luksic: Der Minister hat die Maut-Verträge vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes unterzeichnet. Wegen der Landtagswahl in Bayern im letzten Jahr. Und, damit die Maut möglichst vor der nächsten Bundestagswahl kommt. Niemand hat ihn dazu aufgefordert oder gezwungen. Scheuer hat sich verzockt. Fehler hat er bis heute nicht eingeräumt.

 Oliver Luksic (FDP) sieht Rechtsbrüche bei den Mautverträgen.

Oliver Luksic (FDP) sieht Rechtsbrüche bei den Mautverträgen.

Foto: picture alliance/dpa/Wolfgang Kumm

Das reicht für einen U-Ausschuss?

Luksic: Es kommt noch mehr hinzu. Scheuer hat das Vergabe- und das Haushaltsrecht gebrochen. Er hat den Beschluss des Haushaltsgesetzgebers missachtet und nicht die bewilligten zwei Milliarden Euro zur Umsetzung der Maut zugesichert, sondern drei Milliarden Euro. Außerdem hat er mit einem Anbieter über ein finales Angebot verhandelt, ohne anderen Gelegenheit zu einem neuen Angebot zu geben. Das alles hat er am Parlament vorbei gemacht.

Vorangetrieben haben das Projekt die CSU-Politiker Horst Seehofer und Alexander Dobrindt. Steht Scheuer nicht am Ende der Kette?

Luksic: Die falsche Konzeption einer Maut nur für Ausländer hat Scheuer in der Tat von Seehofer und vor allem von seinem Amtsvorgänger Dobrindt übernommen. Aber Dobrindt wollte das Urteil des Gerichtshofes abwarten. Es war Scheuer, der gesagt hat, wir ziehen das jetzt durch. Gegen alle Warnungen.

Werden Sie auch die Rolle der Kanzlerin unter die Lupe nehmen? Merkel ist ja bei der Maut quasi umgefallen.

Luksic: Frau Merkel hat bei der Maut ihre Richtlinienkompetenz nicht wahrgenommen. Sie hat das Chaos sehenden Auges mit verursacht. Ich bin aber dafür, dass wir sehr eng vorgehen und uns auf die Rolle des Verkehrsministers und seines Ressorts beschränken.

Wer wird ihr Kronzeuge?

Luksic: Unser Kronzeuge ist der frühere CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer. Ramsauer hat immer davor gewarnt, dass eine Pkw-Maut nur für Ausländer nicht funktionieren wird. Er wollte die Maut für alle. Ramsauer wird uns erklären müssen, wieso man in der CSU nicht auf seine Weitsicht gehört hat. Scheuer war damals Staatssekretär im Verkehrsministerium. Es gibt Belege, dass auch er die Maut für nicht machbar gehalten hat. Woher dann sein Meinungsumschwung gekommen ist, wollen wir wissen.

Geht es am Ende darum, ob Scheuer zurücktreten muss?

Luksic: Angesichts des Schadens von mindestens 500 Millionen Euro muss nach den politischen Konsequenzen gefragt werden. Entlastende Beweise sehe ich derzeit nicht. CSU-Chef Söder muss entscheiden, ob er dauerhaft schlechte Nachrichten über Scheuer hören will. Schließlich sind im März Kommunalwahlen in Bayern.

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